Zwei Texte aus der Zeitschrift CONCILIUM zum Ordinationsverbot von Frauen[1]

Im Juni 1999 veröffentlichten Elisabeth Schüssler Fiorenza und Hermann Häring in der Zeitschrift CONCILIUM eine Themennummer zur Frage der Frauenordination („Die Weigerung, Frauen zu ordinieren“, 35[1999], Nr.3). Die von Häring verfassten Beiträge werden hier dokumentiert. Zwar spiegeln die vorgetragenen Artumente den Diskussionsstand vom Herbst 1998, dennoch wirken sie auffallend aktuell; die katholische Kirche hat sich noch immer nicht bewegt. 

 

Text I:
Von Jesus nicht ermächtigt?
Eine Analyse des römischen Dokuments[2]

Für viele Katholikinnen und Katholiken war es eines der seltsamsten und der skandalösesten Gefechte, die Rom in den vergangenen Jahren angezettelt hat; es hat seine Vorgeschichte: Schon am Pfingstfest 1994 lässt Johannes Paul II. verlauten, die Kirche habe keinerlei Vollmacht, Frauen die Priesterweihe zu spenden; alle Gläubigen hätten sich definitiv an diese Entscheidung zu halten. Nach fünf Jahren können wir hinzufügen: Rom hat damit eine der unseligsten, hoffnungslosesten Schlachten der ausgehenden Neuzeit eröffnet. In den westeuropäischen, den nord- und lateinamerikanischen Ländern erreichte es das Gegenteil dessen, was es bezwecken wollte.

Die Diskussion, die zum Schweigen gebracht werden sollte, wurde jetzt erst heftig; nur selten schlugen die Wellen der Empörung so hoch. Noch nie wurde der Widerspruch von Theologen gegen eine römische Entscheidung so deutlich artikuliert, und noch nie erreichten Theologinnen in der katholischen Kirche weltweit soviel männliche Solidarität. Die Kritik hat sich weit ins konservative Lager ausgedehnt und inzwischen auch das Unbehagen vieler Bischöfe erfasst. Dabei begann alles mit einem Apostolischen Schreiben von kaum mehr als 1000 Worten. Es trug den irreführenden Titel: „Die Priesterweihe“ (Ordinatio sacerdotalis) [3]; in römisch strikter Diktion hätte es heißen müssen: „Die Nicht-Ordination der Frau“. Es sollte nur letzte Zweifel ausräumen, aber übersehen hat man, wie groß und unüberwindlich inzwischen die Zweifel an der römischen Position geworden waren.

Wie konnte es zu einer solch gravierenden Fehlentscheidung kommen? Es wäre zu einfach, wollte man ausschließlich psychologische oder machtpolitische Faktoren ins Feld zu führen. Gewiss spielen auch sie eine wichtige Rolle; zudem sind die Personen, die im Vatikan die theologischen Fäden ziehen, hinreichend bekannt. Über die Phantasien, Wünsche und Ängste von einzelnen Würdenträgern ist hier aber nicht weiter zu spekulieren. Die Frage ist zu ernst, als dass wir sie personalisieren sollten. Aber unter ihnen sind, formal gesehen, Theologen von hohem Rang. Sie gehen keinen Privatideen nach, sondern repräsentieren ein komplexes und in vieler Hinsicht konsistentes Bild von Kirche und Gesellschaft. Sie greifen ‑ wiederum formal argumentiert ‑ auf wohldurchdachte und in sich geschlossene theologische Argumentationen zurück. Ihr Menschen- und ihr Frauenbild, ihre Interpretation der christlichen Botschaft sowie ihre Vorstellung von einer wohlgeordneten Kirche ‑ dies alles fließt zu einem einzigen Paradigma [280 zusammen. Diese Kirche stellt sich für sie dar im Ideal einer sakramental zentrierten Kirche, die hierarchisch ausgerichtet und monokratisch geordnet ist, im Namen Christi von Männern verwaltet wird.

Die Tragweite und innere Härte der römischen Position zur Ordination von Frauen lässt sich nur ermessen, wenn wir auf das Zusammenspiel dieser verschiedenen Faktoren achten. In solch ideologiekritischer Absicht möchte ich aus dem genannten Schreiben einige Gesichtspunkte herausgreifen, die den theologischen Ernst der Lage verdeutlichen. Sie betreffen den sakramentalen Charakter der Ordination (I), die geschlechtsfixierte Symbolik des traditionellen Priestertums (II) und den Anspruch auf eine unfehlbare Entscheidung (III). Dabei wird in der Regel „traditionell“ argumentiert. In den darauffolgenden Beiträgen wird genügend Raum sein für weiterführende und grenzverlegende Gedanken.

I. Ordination als Sakrament

1.1 Akzentverschiebung mit Folgen

Ohne Umschweife stößt das Dokument schon im ersten Satz zum Kern der Sache vor. Es geht, wie die ersten Worte sagen, um die „priesterliche Ordination“. In weitgehender Anlehnung an die offizielle Terminologie des Kirchlichen Gesetzbuches (CIC, can. 1008) wird die Ordination umschrieben als die Übertragung eine „Amtes“. Es beinhaltet das Recht und die Pflicht, „die Gläubigen zu lehren, zu heiligen und zu leiten“. Damit bewegt sich das Dokument auf traditionellen Bahnen.[4] Es ist von den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils her gedeckt und steht an sich für vielerlei Interpretationen offen. Nichts Neues also, das sich hier ankündigt? Genau das ist das Problem, denn unbemerkt beginnt das Dokument beim zweiten Wort schon mit einer Akzentverschiebung, die sich auf die weitere Argumentation auswirken wird.

Ein Vergleich mit dem ‑ an sich unverdächtigen ‑ Kirchlichen Gesetzbuch kann das verdeutlichen. Zwar hat der neue Codex (1983) in Sachen Ordination die Systematik des Vorgängers (1917) weitgehend übernommen; die (sakramentale?) „Ordination“ zu den kirchlichen Ämtern von Bischof, Priester und Diakon wird als das sechste der sieben Sakramente, als das erste der „Standessakramente“ besprochen. Deshalb ist bisweilen auch von der „heiligen“ Ordination die Rede. Aber größtenteils pflegen die Texte des kirchlichen Gesetzbuches keine sakrale Terminologie, so wie schon im Neuen Testament der sakrale Begriff des „Priesters“ (= hiereús) vermieden wurde.[5] Es geht konkret um den rechtlichen Vollzug einer „Ordination“ (d.h. der „Aufnahme in eine Körperschaft“[6]. Es ist ‑ neben den eher profanen Begriffen von „Bischof““ (= Aufseher) und „Diakon“ (= Diener) ‑ nicht die Rede vom „Priester“ (sacerdos), sondern vom „Presbyter“ (= dem „Älteren“ oder „Ältesten“). Zwar findet sich im Kirchenrecht zur Frauenordination jener berüchtigte can. 1024: „Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann.“ Aber gerade weil für diesen kürzesten aller Canones jede weitere Begründung fehlt, seine willkürlich dezisionistische Festlegung also offenkundig ist, gibt er sich im nüchtern funktionalen Zusammenhang der anderen Paragraphen auch angreifbar. Schließlich wird die [281] allgemeine Funktion dieses dreigliedrigen Amtes in traditionell richtiger Weise mit der Trias von „Lehren“, „Heiligen“ und „Leiten“ umschrieben.

Dabei sind Lehre und Leitung zwar existentiell fordernde, aber gewiss keine Handlungen, die vom Bezugsrahmen des Sakramentes oder des Sakralen her zu begreifen sind. Warum sollten Frauen dazu weniger fähig sein als Männer? Natürlich setzt das Zweite Vatikanische Konzil schon sakralere Akzente. Der Bischof etwa ist mit der „Fülle des Weihesakramentes“ ausgezeichnet und „Verwalter der Gnade des höchsten Priestertums“[7] (LG 25); die Feier der Eucharistie gehört zu seinen vornehmsten Aufgaben. Dementsprechend haben auch die Priester eine sazerdotale (= sakral-priesterliche), also eine streng sakrale Würde. Sie sind ‑ auch dies ein sakraler Kontext ‑ kraft priesterlicher Ordination „nach dem Bilde Christi, des höchsten und ewigen Priesters“, geweiht.

Aber bei aller Sakralisierung kennen die Konzilstexte auch andere Akzente. Das Problem ist, wie L. Boff zeigt wird, dass es sich zwischen zwei Sichtweisen von Kirche nicht entscheiden konnte[8]. In Ordinatio sacerdotalis nun ist ‑ wie schon im wichtigen, ausführlich argumentierenden Vorgängerdokument Inter insigniores aus dem Jahre 1976 ‑ eine eindeutige Entscheidung gefallen[9]. Jetzt, da man den Gedanken vom Volk Gottes von offizieller Seite behutsam verdrängt, wird die Kirche ‑ so auf der Bischofssynode im Jahre 1985 ‑ immer ausschließlicher als „Mysterium“ betrachtet und damit einseitig sakralisiert. In Anschluss an diese Umorientierung wird auch die Ordination wieder von einer Seite aus gesehen, die diesem Amt sicher erst im Laufe der Jahrhunderte zugewachsen ist.[10]

Nun ließe sich einwenden, dass ‑ außer dem einen Begriff Ordinatio sacerdotalis ‑ darüber im jüngsten Dokument so gut wie nichts zu lesen ist. Genau das ist das Problem; denn verschwiegene Voraussetzungen werden auch schwer widerlegbar. Das über zwanzig Jahre alte Basisdokument Inter insigniores (1976), worauf Rom sich jetzt beruft, war da schon deutlicher. Dort werden vor allem im fünften Teil eine sakramentale Argumentation und deren Folgen sichtbar. Natürlich kann hier nicht differenziert und ausführlich auf die Geschichte des Sakramentsbegriffs eingegangen werden.[11] Es genüge der Hinweis, dass dieses Dokument noch immer ein recht traditionelles Sakramentsverständnis voraussetzt, das historisch und vor allem exegetisch zu differenzieren wäre. Vier Punkte seien in Erinnerung gerufen:

(1) Anders als in der Schrift (die eine Taufe, eine Eucharistie und die Sündenvergebung kennt) werden sieben definierte Sakramente parataktisch nebeneinander genannt; die unterschiedliche Wahrnehmung und die höchst unterschiedliche Bedeutung dieser sieben Riten sind verdrängt. Dadurch wird ein dynamischer Sakramentsbegriff durch einen essentialistischen verdrängt.

(2) Über die Sakra-[282] mente wird unhistorisch geredet; für die Frage ihrer Legitimität ist nur eine etwaige „Einsetzung durch Jesus Christus“ interessant und immer problematischer. Dies wirkt sich in der römischen Argumentation besonders fatal aus.

(3) Die zentralen Kategorien, an der sich die Wirksamkeit eines Sakramentes bemisst, lauten (in juridischer Verengung) „heilige Vollmacht“ und deren lückenlose rituelle Übertragung von Person(!) zu Person(!). Personen stehen im Mittelpunkt statt der Frage, ob und wie ein Sakrament „Zeichen der Nähe Gottes“ sein kann.[12] Machtbezogene und juridische Fragen überdecken die theologischen Perspektiven, etwa die vom allgemeinen Priestertum der Gläubigen oder vom Ende allen Priestertums in Jesus Christus (Hebr 7-9).

(4) Wenn alles auf eine lückenlose Übertragung sakramentaler Vollmacht ankommt, dann erhält die Ordination für alle anderen Sakramente eine zentrale Bedeutung. Die Ordination wird zur „Quelle“ der anderen Sakramente, denn nur Ordinierte können oder sollten eben Sakramente spenden und ihre eigene Vollmacht weitergeben. Diese vier Punkte zusammen verleihen der römischen Argumentation einen monolithischen und nivellierenden Stil, der kaum noch inhaltliche Differenzierungen zulässt. Schon hier lässt sich auf ein allgemeines Problem verweisen: Die theologische Diskussion dieses juridisch verengten Sakramentsbegriffs ist in allen vier Punkten weitgehend verlassen. „Sakrament“ wurde inzwischen als ein untauglicher Überbegriff erkannt; die Einsetzung durch Jesus Christus gilt allenfalls noch für Taufe und Eucharistie; das Denken in Machtkategorien verrät hierarchische, nicht unbedingt christliche Interessen; die Fixierung auf die Ordination als Voraussetzung der anderen Sakramente verkehrt die ursprüngliche Perspektive des Neuen Testaments.

Diese Beschwerden wurden in der Argumentation der vorhegenden Stücke jedoch noch nicht zur Kenntnis genommen. Das Hauptproblem einer angemessenen Auseinandersetzung liegt nicht in der Komplexität des Problems, sondern in der Ungleichzeitigkeit der Ausgangspunkte. Auch ich kann hier nur alte Positionen wiederholen. Theologie wird so zur lästigen Rechthaberei; ein lehrreiches Gespräch ist kaum mehr möglich.

Dabei ist es weder notwendig noch sinnvoll, dem kirchlichen Leitungsamt jede sakramentale Dimension abzusprechen. Faktisch bestimmt sie Theorie und Praxis der Ämter in den orthodoxen, katholischen, anglikanischen, altkatholischen sowie in anderen episkopalen und presbyteralen Kirchen. Aber sogar die Sprache des katholischen Kirchenrechts weist, wie wir sahen, noch darauf hin, dass dieser Aspekt nicht den alleinigen Ausschlag geben kann. Er mag die Wahrnehmung, Wirkung und religiöse Einordnung solcher Ämter bestimmen, aber zur Grundlage einer Wesensbestimmung kann er nicht werden. Dafür gibt es wenigstens zwei Gründe, die das Dokument nicht hätte vernachlässigen dürfen. Die Beauftragung zu Lehre, Heiligung und Leitung hat zunächst eine funktionale Dimension; die Qualitäten von Katechese, Gemeindeleitung oder diakonalen Diensten lassen sich gewiss nicht vom Maß einer sakralen Initiation ableiten. Ferner ist unumstritten, dass die Sakralisierung der „Ämter“ am Beginn nicht anzutreffen ist; offensichtlich ging man mit ihnen sehr sachbezogen und nüchtern um. Die anfängliche Offenheit, gar Abwesenheit kirchlicher Strukturen sowie die Anleihen aus [283] jüdischen und anderen vorderasiatischen Zusammenhängen spricht eine deutliche Sprache und ist schon seit Jahrzehnten Gemeingut auch der katholischen Theologie. Deshalb erübrigen sich hier weitere Analysen.

1.2 Im Licht des Mysteriums Christi?

Allerdings werden die Verteidiger der genannten Dokumente diese Argumentation nicht akzeptieren. Sie legen Wert darauf, dass ihr Sakramentsbegriff eine unverzichtbare Tiefendimension hat, die in funktionalen Zusammenhängen nicht mehr besprochen werden kann. Die kirchlichen Ämter haben für sie direkt mit Heilserfahrung und Heilsvermittlung zu tun. Dieser Aspekt wird in Ordinatio sacerdotalis zwar nicht näher besprochen. Doch geht Inter insigniores ausführlich darauf ein. Eine vergleichbare Sprache spricht der genannte Katechismus (1993). Beide Dokumente umschreiben das Priestertum jetzt als sakramentale „Teilhabe am Mysterium Christi“. Wieder ist jeder der Begriffe mit Fußangeln behaftet

So gehe ich hier nicht auf einige Schlüsselprobleme ein, die den Hintergrund des Dokuments stark bestimmen: Was etwa versteht man genau unter dem Mysterium Christi oder dem Mysterium der Kirche? Werden hier nicht Institutionen und rechtliche Bestimmungen bis hin zu den Prärogativen des Papstes vorschnell sakralisiert und damit aller Kritik entzogen? Wird das Heil nicht wieder in verstärkter Einseitigkeit vom Erlösungstod Christi statt von kommenden Reich her verstanden? Gerät der Amtsträger also nicht wieder zum Übermittler des Gnadenschatzes, der in den Sakramenten dann ausgeteilt wird?

Verbleiben wir beim Begriff des Sakraments und bei der Frage, warum die römischen Dokumente das Amt des Priesters so symbolistisch interpretieren.[13] Sakramente, so Inter insigniores (Nr. 5), gründen auf „natürlichen Zeichen“, die der menschlichen Psyche eingeprägt sind. Man mag dieser Argumentation einer „natürlichen Ähnlichkeit“ (naturali similitudine, Thomas von Aquin) folgen. Sie ist aber im Blick auf die klassischen sieben Sakramente entwickelt. Die Ähnlichkeit und der Bildcharakter hegen also in bestimmten Ereignissen und deren je aktueller symbolischer Kraft. Da wird sehr anschaulich abgewaschen, Mahl gehalten, die Sünde bekannt, gebetet und mit Öl gesalbt.

Deshalb ist es vor dem Hintergrund einer solchen Definition nicht ungefährlich, jetzt auch Personen und Institutionen zum „Sakrament“ zu ernennen. Gemeint sind Christus und die Kirche, wie sich dies seit der Mitte des 20. Jahrhunderts eingebürgert hat.[14] Denn jetzt werden „Mysterium“, „Teilhabe“ und „Sakrament“ in die großen Unklarheiten und Diskussionen hineingezogen, in denen sich die Rede von Jesus Christus (Christologie) seit Jahrzehnten bewegt: Geht es bei Jesus Christus um dessen Sache oder um dessen Person; sollen wir ihn „von oben“ oder „von unten“, als „Gott“ oder als „Bruder“ verstehen? Bedeutet Erlösung in Christus Hören auf seine Botschaft, praktische Nachfolge oder ausschließlich sakrale Versöhnungsakt kraft seines Todes? Kommen wir seinem Geheimnis näher, indem wir uns auf die Herausforderung der ursprünglichen Jesusbewegung einlassen, oder müssen wir uns der göttlichen Natur Christi demütig überantworten?

Es ist ganz deutlich, dass Inter insigniores streng der zweiten Möglichkeit folgt. [284] Das Dokument setzt eine Christologie von oben und dementsprechend ein hierarchisches Kirchenbild voraus. Eine hohe Amtstheologie folgt auf dem Fuße: Das sakramentale Zeichen wird nicht mehr auf zentrale Ereignisse (Waschen, Essen, Vergeben, Salben) bezogen. Es wird auch nicht mehr nüchtern an der (Qualität von) Lehre, Heiligung oder Leitung gemessen, sondern personalisiert. Personen werden jetzt zum Zeichen. Zeichen wofür? Diese Personalisierung eines ursprünglich sachbezogenen Sakramentsbegriffs hat aber Folgen. In Kindertagen haben wir als Frucht einer vorkonziliaren Theologie das Lied gesungen: „Ein Priesterherz ist Jesu Herz“. Jetzt ist wieder in seltsamer Undifferenziertheit zu lesen: Der Priester ist ein Zeichen Christi, das hier und jetzt als solches wahrgenommen werden muss (II 5). Er ist sozusagen ein lebendiges Sakrament. Diese Konzeption wird vom Katechismus aus dem Jahre 1993 bestätigt: Die Tatsache, dass der Priester ein Zeichen Christi ist, dass er also anstelle (in persona) Christi handelt, macht ihn für die Übermittlung des Heils aber unverzichtbar.

Dieses Priestertum ist „eines der Mittel(!), durch die Christus seine Kirche unablässig aufbaut und leitet“ (Nr. 1547). Noch massiver wird es dort in einem Zitat von Pius XII. ausgedrückt: „Es ist der gleiche Priester, Christus Jesus, dessen heilige Person sein berufener Diener vertritt. Durch die Priesterweihe dem Hohenpriester angeglichen, besitzt er die Vollmacht, in der Kraft und an Stelle der Person Christi selbst [virtute ac persona Christi] zu handeln“ (Nr. 1548).[15] Es ist beinahe rührend, zeigt aber auch die ideologische Verführung dieses Konzepts, wenn der Katechismus dann noch ein Bild nachschiebt, dessen beinahe blasphemische Dimension ich nur mit Protest nennen kann: „Nach einem schönen[!] Wort des hl. Ignatius von Antiochien ist der Bischof týpos tou Patrós, ‚Abbild des Vaters‘ (Trall 3,1).“[16]

Vor diesem Hintergrund wird das entscheidende Problem römischer Argumentation deutlich. Die Metapher „Handeln in Christi Person“ mag für die Feier der Eucharistie noch angehen. Man mag sagen: Beim Brechen des Brotes steht jemand stellvertretend für Jesus am Altar. Die Metapher mag aber keinesfalls verabsolutiert oder personalisiert werden. Wer als Person (und nicht nur in bestimmten Handlungen) in so massiver Weise und ohne jede Differenzierung Christi Person vertritt, gar ein wenig Abbild des Vaters ist, wird nicht nur unangreifbar, sondern auch Herr eines jeden weiteren Handelns. Er verleiht Heil, indem er handelt. Er kann seine Vollmacht gültig auslegen, indem er sich selbst auslegt. Aus ideologischer Perspektive gesagt: Ein Amtsträger, der in solcher Weise legitimiert ist, der geradezu als Christus auftreten kann, steht in sich und für sich. Er setzt jede Kritik, die von unten (also von konkreten Aufgaben und Funktionen, von Missständen und Erwartungen, von Unterdrückung und Unrechtssituationen her) kommt, von vornherein ins Unrecht. Sein Amt ist tabuisiert und selbstherrlich, auch wenn er es persönlich als Last und Aufgabe empfindet. [285]

II. Ordination – Sakrament für Männer?

2.1 Berufung auf Jesus

Wer ordiniert ist, handelt also in Christi Person. Gegenwärtige Kurialtheologie reduziert die Frage nach dem kirchlichen Amt auf diese selbstherrliche und eigentlich auch leere Aussage. Das kirchliche Amt wird zu einer Würde hochstilisiert, die über allen konkreten Bedingungen schwebt. Doch ist diese Würde, möchte man sagen, auch so allgemein angesetzt, dass jede getaufte Person sie übernehmen kann. Zwar sind wir alle ihrer unwürdig, aber wir alle haben kraft der Taufe auch teil am allgemeinen Priestertum.

Umso erstaunlicher ist es, dass sich für den Ausschluss der Frauen überhaupt noch Argumente finden lassen. Natürlich gibt es ein Argument, das den Vorteil der Gewohnheit auf seiner Seite hat: Die Kirche hat, wie da behauptet wird, noch nie Frauen ordiniert. Noch erstaunlicher ist ein historisches Argument, das in Inter insigniores ausführlich entwickelt und im letzten Dokument kurz wiederholt wird: Jesus selbst, der sich Frauen so intensiv zugewandt, der ‑ anders als die jüdische Umwelt ‑ deren Würde so betont und vor allem seine eigene Mutter mit so viel Würde und Respekt umgeben habe, ausgerechnet er berief keine Frau in das Kollegium der Zwölf. Wenn er, der Frauenfreund, das nicht tat, muss er absichtlich so gehandelt haben. Jesus tat dies „völlig frei und unabhängig. Er tat es mit derselben Freiheit, mit der er in seinem Gesamtverhalten die Würde und Berufung der Frau betonte, ohne sich nach den herrschenden Sitten… zu richten“ (Nr. 2). Diese Haltung wird, so beide Dokumente, durch Paulus und durch die Apostelgeschichte nur bestätigt: Paulus, indem er die Frau zum Schweigen ermahnt, der Autor der Apostelgeschichte, indem er in seinen Berichten nur eine Ordination von Männern kennt.

Auch diese Argumentation hat zu weitgehend einhelliger Kritik geführt.[17] Zunächst geht es um den historischen Wert der Aussage. Die Dokumente verwechseln ‑ wie Exegetinnen und Exegeten einhellig betonen ‑ jenes repräsentative endzeitliche Kollegium der Zwölf mit den späteren Gemeindeleitern. Jesus, der nur Männer ins Zwölferkollegium berief, hat schlicht keine späteren Gemeindeleiter „ordiniert“, und hätte er jene ersten Gemeindeleiter (die Apostel etwa) ordiniert, es hätte sich gewiss um kein Sakrament im klassischen Wortsinn gehandelt. Wenn ferner der erste Korintherbrief sich über das Schweigen von Frauen auslässt (l Kor 14,34), dann hat dies mit Fragen der Gemeindeleitung schlicht nichts zu tun. Und während Rom einerseits die Abfolge von Handauflegungen von Mann zu Mann (Apostelgeschichte) ins helle Licht rückt, verdrängt es die frühchristliche Wirklichkeit von Apostolinnen (Joh 4,25; Rom 16,7) und führenden Frauen konsequent.[18]

Dieses Vorgehen ist schlicht unredlich, deshalb verwerflich und lässt sich nach einer dreißigjährigen Bewusstseinsbildung nicht mehr als Fahrlässigkeit entschuldigen. Aber die Diskussion zeigte von Anfang an auch ein tiefer liegendes Problem: Nehmen wir an, Jesus hätte ‑ per impossibile ‑ nur Männer ordiniert ‑ was wäre daraus zu folgern? Zumal die Presse hat schon in den Reaktionen auf Inter insigniores die Sache ad absurdum geführt: Wenn aus [286] gegebenem Grund nur Männer Priester sein dürfen, müssen sie dann nicht auch verheiratet, vielleicht aramäisch sprechende Juden, vielleicht Fischer, vielleicht etwas rauhbeinige Wesen mit Bart sein? Bürgerliche, hoch gebildete und wohlsituierte Herren wären sicher auszuschließen. Und vor allem: Der Nachfolger des Petrus müsste verheiratet sein!

Diese Argumentation und der erstaunliche Glaube an deren Überzeugungskraft enthüllen ein Vorurteil und eine Absicht. Das Vorurteil lautet: Das Recht, Frauen zu ordinieren, trägt die Beweislast, denn der genannte can. 1024 ist zunächst im Recht; nur so erhält die seltsame Argumentation einen wenigstens minimalen Sinn. Die Absicht aber lautet: Das Ordinationsverbot muss ‑ unter Berufung auf Jesus ‑ mit einem einfachen und bildkräftigen Beweis untermauert werden. Was wäre einfacher, als sagen zu können: Was Jesus nicht tat, ist auch heute nicht zuzulassen? Dennoch bleibt das Argument unhistorisch und völlig beliebig, jedenfalls für diejenigen, für die dieses Ordinationsverbot heute allen Sinn und alle Plausibilität verloren hat. Die Frage ist ja nicht ‑ wenn man schon „historisch“ und damit anachronistisch argumentieren will ‑, was Jesus damals getan hat, sondern was er heute tun würde. Vermutlich würde der Freund von Zöllnern und Sündern (Mt 11,19) die altehrwürdige Praxis heiliger Weihen nicht übernehmen.

2.2 Repräsentanz als Geschlechtskategorie

Doch bleibt auch hier ein Problem. Verteidiger der römischen Linie verstehen diese Argumentation gerade nicht im Sinne eines logisch zwingenden Beweises. In diesem Sinn reklamieren sie das bessere hermeneutische Bewusstsein für sich. Es geht um Sinnerschließung, in der traditionellen Theologie „Konvenienzargument“ genannt. Ordinatio sacerdotalis spricht ja nur von „Gründen“, von „Ange-messenheit“ und verweist auf eine umfassende „theologische Anthropologie“. Diese lässt sich hier nicht genauer analysieren.[19] Aber es ist unbestreitbar, dass in dieser Anthropologie die verschiedenen Argumentationslinien der kurialen Position zusammenlaufen.

Gewiss kann man dieser Anthropologie positive Seiten abgewinnen. Schon früh entwirft der Papst ‑ damals noch der Philosoph Karol Wojtyła ‑ ein ganzheitliches Menschenbild.[20] Er versucht, den Menschen in seiner Ganzheit, insbesondere als seelisch-leibliche Einheit zu sehen. Deshalb gibt er schon früh phänomenologischen Ansätzen den Vorzug, in denen er menschliche Vollzüge beschreibt, bevor er sie beurteilt. Wie sich dann an Mulieris dignitatem zeigen lässt, hat sich dieses Menschenbild in kirchlichen Zusammenhängen jedoch zu einem symbolischen und symbolisierenden Kosmos verdichtet.[21] Der Papst hat ein starkes Gespür für die Bedeutung von Symbolen für die religiöse Identität entwickelt. Es wird dadurch missbrauchbar. Nicht nur Menschen leben aus Symbolen und auf Symbole hin, sondern auch die Kirche hat in Lehre und gelebter Struktur einen Kosmos „übernatürlicher““ Symbole entwickelt, in den nun der Kosmos menschlich „natürlicher“ Symbole eingeordnet wird. Die Beziehung zwischen Gott und Geschöpf, von Sünde und Vergebung, zwischen menschlichem Vermögen und erfüllender Gnade wird nach kirchlichen Vorgaben dargestellt. [287]

Das ist wohl der Grund dafür, dass in seinem Priesterbild die Repräsentanz Christi, das Handeln in Christi Person, eine so zentrale und unverrückbare Rolle spielt. In diesem Priestertum kommt jetzt die symbolische Dimension menschlicher Existenz zu ihrer Erfüllung. Christus zu repräsentieren wird zur höchstmöglichen Sinnerfüllung menschlichen Lebens überhaupt. Denn was kann den Menschen Höheres und Sinnvolleres zufallen als die Aufgabe, Gottes Zuwendung zu den Menschen, seine Güte und Freundlichkeit, seine Liebe zu Gerechtigkeit und Frieden, seine menschgewordene Nähe zu uns als Personen zu realisieren! In diesem Menschenbild verbergen sich starke humane Impulse, und es verleiht vielen päpstlichen Dokumenten eine sympathische Zuwendung und Wärme. Aber im Verhältnis von Mann und Frau zeigt sich ein ernüchternder Umschlag, ein elitärer Männerwahn, ein unerlöster Gegensatz. Die päpstliche Anthropologie ist deshalb so enttäuschend und wirkt deshalb so skandalös, weil sie einer versöhnten und ganzheitlichen Anthropologie zwar so nahe ist, aber an einem entscheidenden Punkt versagt.

In Mulieris dignitatem wird dies über die Maßen deutlich[22]: Es gibt im letzten keine Symbolik, die alle Menschen eint, sondern ‑ ausgerechnet in Bezug auf Gott ‑ eine gegenläufige Symbolik von Mann und von Frau. Während die Frau Empfangen und Empfänglichkeit, Geschöpflichkeit und Dienst, also den Menschen als Gottes Geschöpf symbolisiert (und damit die Männer einschließt), symbolisieren die Männer ‑ obwohl sie wie die Frauen eben nur Menschen sind ‑ das Geben, das Schaffen, die übernatürliche Erlösung, göttliche Herrschaft. Gemäß dieser kurialen Theologie müssen Priester ‑ wenn ich richtig sehe ‑ nicht deshalb männlichen Geschlechts sein, weil Jesus im vordergründigen Sinn eben ein Mann war, sondern weil schon der Erlöser der Menschheit eigentlich nur ein Mann sein konnte.

Missachtet wird dabei die Tatsache, dass
– gemäß der Bibel der Mensch „als Mann und Frau geschaffen“ ist,
– der Mensch (und nicht Mann oder Frau) Gottes Ebenbild genannt wird,
– das „besondere Priestertum“ der Amtsträger vorbehaltlos in das „allgemeine Priestertum aller Gläubigen“ (also auch der Frauen) eingebettet ist,
– die geschlechtsbedingten Unterschiede in Jesus Christus gerade nicht grundgelegt, sondern definitiv aufgehoben sind (Gal 3,28).
Dies alles widerspricht der Idee heiliger Männermacht zutiefst und entlarvt die Proklamation von der Würde der Frau als eine unchristliche, zugleich inhumane Ideologie. Würde ist auch vor Gott nicht teilbar.

Diese geschlechtsbezogene Symbolik bildet, wie mir scheint, den entscheidenden Skandal der römischen Amtskonzeption. Wer aus Unwissen, kultureller Blindheit oder Naivität die Diskriminierung von Frauen fortschreibt, kann eines besseren belehrt werden. Wer aus Gründen der Kirchenpolitik die kommenden Entwicklungen zu steuern und ein gutes Verhältnis zu den orthodoxen Kirchen zu pflegen sucht, kann zu differenzierten Argumentationen oder zu weiterführenden Lösungen veranlasst werden. Wer aber sehenden Auges diesen zutiefst christlichen Gleichheitsgrundsatz zwischen Mann und Frau verletzt, wer Frauen also im Wissen um die religiös-symbolischen Tiefendimensionen aus dem Raum des Sakralen [288] fernhält, sündigt wider den Heiligen Geist. Wer die Repräsentanz Gottes als Geschlechterkategorie begreift, hat seine eigene unchristliche Androzentrik auch nicht im Ansatz überwunden.

III. Irreformabel und definitiv

3.1 Zuflucht zur letzten Waffe

Wie ernst es Rom mit seiner ‑ symbolisch und deshalb auch sakramental unterbauten ‑ Männerhierarchie, dieser „Kyriokratie“ ist, zeigt sich in der letzten Verlautbarung, im Dokument von 1995[23]. Im Jahr 1976 endete Inter insigniores noch mit einer versöhnlichen Gedankenführung. Der Wille zur Überwindung von Gegensätzen war deutlich ausgesprochen. Ganz anders und neu ist der Ton im letzten Paragraphen von Ordinatio sacerdotalis. Dieser ist kurz gehalten, wechselt von einer theologisch-inhaltlichen zu einer autoritär-rechtlichen Argumentation und lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig; der Papst sieht sich jetzt vor der Aufgabe, „die Brüder zu stärken“.

Diese Terminologie aus Lk 22,32 verweist auf die Unfehlbarkeitspassagen der beiden Vatikanischen Konzile. Der Papst tritt damit noch nicht als unfehlbarer Lehrer auf, aber der Wink mit dem Zaunpfahl ist deutlich genug. Jetzt werden keine Brüder mehr gestärkt, sondern Widerspenstige in die Schranken gewiesen: Der Papst sieht keinerlei Vollmacht, dass Frauen die Priesterweihe gespendet wird. Damit bleiben sie von den offiziellen Ämtern des Lehrens, der Sakramentenspendung und der Gemeindeleitung ausgeschlossen. Alle Gläubigen der Kirche haben sich endgültig an diese Entscheidung zu halten.

Um alle Zweifel am endgültigen Ernst dieser Entscheidung auszuräumen, lässt Kardinal Ratzinger in einer Erklärung vom 28. Oktober 1995 noch deutlicher wissen, dass nach römischer Überzeugung diese Entscheidung die Kriterien des ordentlichen unfehlbaren Lehramts erfüllt. Nun hat sich das römische Lehramt nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil schon einige Male der Schwelle unfehlbaren Lehrens genähert; man denke an die Enzyklika zu Fragen der Geburtenregelung, Humanae vitae (1968), sowie an die Enzykliken zu Fragen der Moral. Nie aber wurde bislang dieser Anspruch öffentlich ausgesprochen. Zunächst verleitet das zu psychologischen Rückschlüssen, die den Verantwortlichen in Rom, also dem Papst und dem Präfekten der Glaubenskongregation, nicht gerade schmeicheln. Sie erfahren die Diskussionen über diese Frage als Bedrohung innerkirchlicher Identität sowie ökumenischer Beziehungen. Die Entwicklungen in der anglikanischen Kirche drohen einen Dammbruch einzuleiten; für die orthodoxen Kirchen geriete jede ökumenische Zusammenarbeit in Gefahr. So sieht sich die katholische Kirche vor einer Vermittlungsaufgabe von ökumenischer Dimension.

Aber diese kirchenpolitischen Überlegungen erklären nicht den Kern des Problems. Für bestimmte Kreise gehört der Ausschluss von Frauen aus dem kirchlichen Amt eben zu den Kernelementen kirchlicher, vor allem ihrer sakramentalen Identität. Aspekte der Inkulturation und Sozialisation bleiben ihnen verstellt; Veränderung bedeutet Niedergang. So reagieren sie ungeschichtlich, apologe [289] tisch, mit einem Anflug von Apokalyptik und autoritär. Jetzt endlich ist es Zeit, dass der Papst den letzten Trumpf ausspielt, ist er doch der Fels in der Brandung (Mt 16,18). Ende der Debatte also? Auch kirchliche Unfehlbarkeit lebt aus dem Gefühl der Bedrohung; Durchhalteparolen sind angesagt. Dennoch weist alles darauf hin, dass Rom sich damit langfristig keinen Dienst erwiesen hat.

3.2 Unveränderliche Lehre?

Ratzingers Feststellung hat neben großer Empörung ja auch eine interessante Debatte ausgelöst. Die Frage lautet für die katholische Theologie nämlich: Ist diese Doktrin nun unfehlbar oder nicht?[24] Dabei sind drei Ebenen zu unterscheiden, die in der Diskussion bisweilen vermischt wurden: die Ebene der persönlichen Überzeugung (was ist meine Auffassung?), die Ebene einer verantwortlichen institutionellen Hermeneutik (wie verbindlich kann und sollte Kirche reden?) sowie die Ebene der römischen Position (was gilt gemäß römischen Regeln?).

Persönliche Überzeugung
Zur ersten Ebene der persönlichen Überzeugung ist hier keine ausführliche Diskussion angebracht. Wer der römischen Argumentation zur Frauenordination folgt, hält die römische Position in der Regel auch für unveränderlich richtig. Wer sie aber ablehnt, weil er die vorgetragenen Argumente für falsch hält, kann sie auch nicht für unfehlbar halten. Doch gibt es auch eine dritte Gruppe, die diese Position für richtig hält, eben weil sie als unfehlbar vorgetragen wurde. Dieser Gruppe kann nur gesagt werden: Autoritätsargumente haben höchstens eine steuernde, niemals aber eine zwingende Funktion. Auch diese Gruppe kann letztlich nicht von der Pflicht zur inhaltlichen Argumentation und zum eigenen Urteil entbunden werden.

Institutionelle Hermeneutik
Interessanter ist die Ebene einer verantwortlichen institutionellen Hermeneutik. Auch nach der letzten großen Debatte zur Unfehlbarkeit des Lehramts zu Beginn der siebziger Jahre[25] haben sich viele Katholiken eine unentschiedene Position bewahrt. Man wünscht zwar keine unfehlbaren Entscheidungen, lehnt aber deren prinzipielle Möglichkeit nicht ab. Einerseits hält man die Gabe der Unfehlbarkeit für möglich, andererseits wird unfehlbares Sprechen an so komplexe Bedingungen geknüpft, dass es im konkreten Fall immer wieder möglich ist, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Bei solch unentschiedener Haltung wird gerne übersehen, dass die Unfehlbarkeitstheorie immer schon Teil einer institutionell-juridischen Hermeneutik und nicht auf das bessere Verstehen von Texten ausgerichtet war. Hauptfrage war also nie: Wie sind bestimmte Texte oder Zusammenhänge zu verstehen und wie werden sie vom Lehramt verstanden? Sondern: Wie und in welchem Maße löst das Lehramt überhaupt bindende Wirkungen aus? Die ideologische Verwirrung aller Unfehlbarkeitstheorien liegt ja darin, dass sie ‑ durchaus in guter Absicht ‑ zwar von Wahrheit sprechen, aber auf die Durchsetzung entsprechender Sprach- und Handlungsregeln abzielen. Entscheidend ist in diesem Augenblick also nicht der Sprachinhalt, sondern die Sprachhandlung sowie deren Akzeptanz. Auch wenn ein guter Richter (als solcher funktioniert letztlich das Lehramt) eine begründete Entscheidung trifft, kann die Begründung die Entscheidung nie voll einholen oder gar ersetzen, denn Mitteilung und Handlung [290] bleiben auch beim Sprechen voneinander verschieden.

Auch in Ordinatio sacerdotalis, das mit einer autoritativen Festlegung endet, zeigt sich diese Spannung. Kurz gesagt: In den drei ersten Paragraphen wird argumentiert, im vierten Paragraphen dagegen wird dekretiert, in der Folge werden sogar weitere Diskussionen untersagt. Anders gesagt, selbst die vorgetragenen Argumente funktionieren in einer institutionellen Hermeneutik nicht als Argumente, sondern nur als Hinführung zur eigenen Position. Viele Theologen nehmen die Härte solch institutioneller Hermeneutik nicht wahr, sondern verwechseln sie mit der Hermeneutik wissenschaftlicher Interpretation und Wahrheitsfindung.

Die katholische Theologie muss sich also endlich die Frage stellen, ob und inwieweit kirchliches Handeln einer solchen institutionellen Hermeneutik überhaupt bedarf. Als Minimum wäre dann zu fordern, dass (gesamt-)kirchliche Lehrentscheidungen die Bedingungen wahrer Communio akzeptieren, also einen demokratischen Unterbau erhalten. In keinem Fall können Entscheidungen verbindlich sein, in die ‑ wie in unserer Frage der Fall ‑ die Erfahrung und die Rechte der Hälfte der Gläubigen nicht integriert ist. Das führt noch zu einem anderen Problem: Verbindlichkeit schließt unter diesen Bedingungen nie die Möglichkeit der Revision aus, denn die Handlungs- und Sprachregeln gegenwärtigen Christseins stehen immer wieder für Re-visionen offen.

Römisches Lehramt
Dies führt zur dritten Ebene, der Selbstinterpretation des kirchlichen, insbesondere des römischen Lehramts. An diesem Punkt werden Kritik und Verteidigung oft ununterscheidbar. Denn die prinzipiellen Dulder oder Verteidiger römischer Unfehlbarkeit entwickeln in Einzelfällen die Neigung, einer Entscheidung ihren unfehlbaren Charakter zu nehmen. Die Kritiker hingegen sind zum Aufruf geneigt: Seht, wieder einmal eine inakzeptable unfehlbare Entscheidung! Wie kommt diese Verkehrung der Fronten zustande?

Meines Erachtens wird bei dieser Debatte oft Folgendes übersehen:
Gemäß offizieller Lehre kommt dem Lehramt, zumal in seiner päpstlichen Zuspitzung, nicht nur die Kompetenz zu, verbindlich zu sprechen, sondern auch das Recht, über die eigene Verbindlichkeit zu befinden. Es geht gemäß konziliaren Entscheidungen nicht nur um eine verbindliche Kraft, sondern um Letztverbindlichkeit, also um die Kompetenz der Kompetenz, vergleichbar den Urteilen höchster Gerichte, gegen die keine Argumente mehr gelten und gegen die keine Berufung mehr möglich ist, an die sie deshalb selbst für alle Zeiten gebunden sind. Man muss es in aller Nüchternheit sehen: Rom und das gesamtbischöfliche Lehramt brauchen sich in Sachen Frauenordination von Theologinnen nichts erklären zu lassen. Nach offizieller lehramtlicher Selbstinterpretation erklärt dieses Dokument sich selbst, und es wird der Entscheidungskern von Argumenten ‑ pro oder contra ‑ nicht mehr berührt.

Diesen Absolutismus zu verstehen fällt schwer; dennoch wird er von der Mehrheit etablierter katholischer Theologen immer noch akzeptiert. Dies zeigt sich im Fall der „ordentlichen Unfehlbarkeit“ ganz besonders. Gewiss, Ratzinger erhob durch seine Erklärung Ordinatio sacerdotalis nicht zum unfehlbaren Dokument; das wäre ihm überhaupt nicht möglich. Er verweist nur in größter Klarheit auf die Bestimmungen, die zum ordentlichen Lehramt vom Zweiten Vatikanischen Konzil verabschiedet wurden. [291]

Daraus folgt, dass Verbot und Ungültigkeit[26] der Frauenordination der Sache nach unfehlbare Wahrheit sind, also keiner weiteren Sanktionierung mehr bedürfen. Der Grund ist für die römische Doktrin sehr einfach: Die Nicht-Ordination der Frau wurde und wird von der Gesamtheit der Bischöfe „in Wahrung des Gemeinschaftsbandes untereinander und mit dem Nachfolger Petri““ als eine endgültig verpflichtende Lehre vorgetragen (vgl. Lumen gentium, 25.). Unter diesen Bedingungen wird, so der Text des Konzils, „auf unfehlbare Weise die Lehre Christi“ verkündet. Für Rom könnten die Bedingungen nicht klarer liegen. Weder Verteidiger noch Gegner des Unfehlbarkeitsprivilegs können dies bestreiten.

Nun hatte Rom gute Gründe dafür, dass es über Jahrzehnte hin das Reizwort „unfehlbar“ vermied, obwohl es vieles für unfehlbar hält. Das Wort wurde in einem Augenblick in die Debatte eingeführt, an dem Rom sich besonders schwach fühlte. Nun soll man diese Waffe des römischen Lehramts zur Disziplinierung dissidenter Frauen und Männer nicht unterschätzen. Die verheerenden Wirkungen in der Besetzung von Lehrstühlen, in der Ernennung und Reglementierung von Dozentinnen zeigen sich.

Aber die Affäre Ordinatio sacerdotalis bringt auch ein anderes Problem ans Licht: Durchbrüche in der katholischen Theologie sind nicht durch Einzelkorrekturen zu erzielen. Mehr denn je ist zu fragen, ob die Kirche als ganze ‑ die Marginalisierten unter ihren Mitgliedern eingeschlossen ‑ endlich ernstgenommen und in den kirchlichen Wahrheitsprozess, also in den Raum der argumentativen Argumentation und in den Raum der verbindlichen Sprachhandlung aufgenommen wird.

Die Diskussion um die Nicht-Ordination von Frauen zeigt deshalb auch von dieser institutionellen Seite her: Frauen können heute nicht nur leitende Funktionen wahrnehmen, sondern müssen dies endlich tun. Es geht nämlich nicht nur um die Frage, ob auch Frauen „lehren, heiligen und leiten“ dürfen, sondern auch um die Frage, wann die kyriokratische Halbierung kirchlicher Wirklichkeit endlich durchbrochen wird. Kirche muss endlich zur vorbehaltlosen Gemeinschaft von Glaubenden werden.

 

Text II:
Vollmacht der Frauen – Zukunft der Kirche.
Abschließende Überlegungen[27]

I. Erneuerung ohne Fixierung (eine Zusammenfassung)

In diesem Heft[28] wurde kein erfreuliches Thema behandelt. Sein Auslöser war ein römisches, höchstens dreiseitiges Dokument zur Ordination von Frauen, das bei seinem Erscheinen Ratlosigkeit und große Entrüstung hervorrief. Das Dokument selbst wirkt, wie wir sehen, eigenartig steril. Es weiß nur zu verbieten; es wiederholt schon Gesagtes und lässt sich in einer nachgeschobenen Erklärung mit höchster Autorität sanktionieren, wodurch die Sachfrage zur Gehorsamsfrage wird.[29] Verschärfter Widerspruch folgte auf dem Fuß. Sich mit dem Dokument auseinanderzusetzen macht also nur Verdruss; denn zur Sache gibt es kein Argument und kein Gegenargument, das nicht schon einmal ausgetauscht wurde.

Mich persönlich begleitet die Fragestellung spätestens seit dem Jahr 1971, als Hans Küng in einer Schrift zur Frage des Priestertums erklärte: „Kirchlicher Dienst muss nicht ausschließlich männlich sein: er muss nicht ein Männerbund sein. Zu einer angemessen erneuerten Kirche gehört heute die volle Teilnahme der Frau am Leben der Kirche auf der Basis der Gleichberechtigung.“ So sind auch Frauen zu einem Amt zu ordinieren, über dessen allmähliche Sakralisierung nachgedacht werden muß.[30] Der römische Ton von Forderung und Abwehr hat sich seitdem nur wenig verändert; er hat sich höchstens verschärft, auf einige Kernaussagen reduziert und an disziplinarischer Entschiedenheit gewonnen.

Zudem ist das Ordinationsverbot von Frauen heute in den Strom allgemeiner Verhärtungen aufgenommen; man denke nur an das beängstigende Dokument Ad tuendem fidem, das heute mancher Theologin und manchem Theologen schlaflose Nächte bereitet.[31] Zwar konnte Rom das in Ordinatio sacerdotalis ausgesprochene und von Ratzinger dann bekräftigte Diskussionsverbot nicht durchsetzen, aber die Ordinationsfrage wurde inzwischen zum Schibboleth, an dem sich inzwischen die Anstellung von Frauen im theologischen und im kirchlichen Dienst entscheidet, dessentwegen andere in unerwartete Schwierigkeiten geraten und wieder andere aus ihren Funktionen entfernt werden.[32]

Umso erstaunlicher sind die vielfältigen Reaktionen, die dieses repressive Dokument dennoch hervorgerufen hat.[33] Sie haben zu vielfältigen Klärungen geführt. In vielen Ländern meldeten sich Theologinnen und Theologen meist solidarisch zu [380] Wort[34]. Dabei war für den biblischen Befund hinreichend Vorarbeit geleistet. So war von Anfang klar, dass die an die Bibel herangetragene Fragestellung („Hat Jesus Frauen zu Priestern geweiht?“) anachronistisch und deshalb nichtssagend ist. Andererseits war man sich schon zeitig einer anderen Tatsache bewusst: Die erstaunliche Abwesenheit von Frauen in der frühchristlichen Amtspraxis, das Verdecken ihrer Spuren und die Konzentration auf männliche Amtsträger hat kulturelle Gründe.

Gleichzeitig und trotz allem fand man noch vielfältige Spuren von Frauen, die als Apostolinnen, Leiterinnen von (Haus-) Gemeinden oder als Prophetinnen eine wichtige Rolle spielten. Einen Durchbruch erzielte schließlich, wie mehrere Artikel zeigen, Elisabeth Schüssler Fiorenza mit ihren vielfältigen, hermeneutisch und ideologiekritisch untermauerten Forschungen zu Präsenz und Abwesenheit von Frauen.[35] Sie machten deutlich, dass die Frage von Christinnen im kirchlichen Amt nicht isoliert zu betrachten, sondern als Ergebnis eines tiefgreifenden Inkulturationsprozesses zu verstehen ist. Es kam deshalb darauf an, die Spuren einer ursprünglichen Konzeption zu entdecken, gemäß der die Kirche prinzipiell und konsequent als „Ekklesia von Gleichgestellten“ zu verstehen ist: als eine Kirche von Frauen, die dabei die Männer nicht ausschließt (und so nicht Böses mit Bösem vergilt).

Die alte Taufformel von Gal 3,28 spielt dabei eine zentrale und normative Rolle, gegen die auch ein gegenwärtiges Lehramt nur schwache Argumente hat: „Da gibt es nicht mehr Juden und Griechen, Sklaven und Freie, Mann und Frau.“ Von der Höhe dieses Taufbekenntnisses fällt man zwar schnell ab; neben den Griechen und den Sklaven vergisst man die Frau (l Kor 12,3; Kol 3,11). Doch von vielen ursprünglichen Spuren her können spätere Entwicklungen als Wege zum Patriarchat nachgezeichnet werden: zum unchristlichen Ausschluss von Frauen und damit zur Selbsthalbierung der Kirche, die sich doch als Arche der gesamten Menschheit versteht.

Allerdings verlief dieser Weg nicht so direkt, wie man gemeinhin denkt. Anne Jensen etwa berichtet in ihren Untersuchungen zur Alten Kirche von „Müttern“ der Gemeinden und von Märtyrinnen, von hervorragenden weiblichen Gestalten und Repräsentantinnen Christi, von Prophetinnen mit durchaus sakramentalen Funktionen. Offensichtlich haben sich egalitäre Kirchenmodelle ‑ nur auf kleinen Inseln, gewiss ‑ noch lange gehalten.[36] Auch über die nachkonstantinische Ära, Mittelalter und Neuzeit eingeschlossen, ist über die Geschichte von Frauen viel zu berichten.[37] Weibliche Kraft und Kreativität haben sich in vielen hervorragenden Gestalten gezeigt, aber diese fanden ihre Rollen eher in Klöstern und im theologischen Schrifttum[38], im sozialen Engagement oder in mystischer Zurückgezogenheit, weniger in politischem Wirken, wenn auch das Amt der Äbtissin noch lange Zeit hoch geachtet blieb, bisweilen mit hohen Vollmachten auch über Kleriker ausgestattet war und kirchliche Befugnisse bis an den Rand der sakramentalen Vollmacht hin ausfüllen konnte.

So blieben auch Befürworter der Frauenordination bis ins 20. Jahrhundert hinein in einer verschwindenden Minderheit. Theologen und die Hüter kirchlicher Ordnung hatten dagegen hinreichend Zeit, eine Tradition aufzubauen, deren Ergebnis vom kirchlichen Lehramt heute ins Feld geführt wird: Bitte schön,[381] was Frauen heute wollen, hat es noch nie gegeben! Diese Neuerungen riechen nach Umsturz!

Nun wurde über die Problematik des kirchlichen Lehramts weiter oben schon einiges gesagt. Die Diskussion der vergangenen Jahre blieb, wie sich zeigte, sehr formalen Fragestellungen verhaftetet; man versuchte den Aufweis, dass die römische Lehre nicht unfehlbar sei. Es ist jedoch an der Zeit, die Unfehlbarkeitskonstruktion selbst einer kritischen Revision zu unterziehen, nachdem die letzte große Auseinandersetzung keine Antworten gebracht hat. Dabei ließe sich leicht zeigen: Der Unfehlbarkeitsanspruch selbst ist, in seiner umfassenden Kirchenrealität verstanden, schon eine Frucht patriarchalischen Elitedenkens. Er bildet nur den Kern einer sehr autoritären, absolutistischen, durchaus unchristlichen Struktur. Gomez Acebo hat davon nur einen Aspekt herausgegriffen, nämlich die unselige Geschichte des Schweigens und des Zum-Schweigen-Bringens.[39] Eine Kirche von Gleichen kann sich mit dieser Praxis wohl kaum versöhnen.

Dennoch läßt sich am Ende dieses Heftes auch Erfreuliches berichten. Die ersten Artikel haben gezeigt, wie rückwärtsgewandt die Diskussion von Rom aus geführt wird. Andere Artikel – vor allem von May, Hunt und Meyer-Wilmes – machen dagegen klar, dass sich zumal feministische Theologinnen von den vorgegebenen Grenzen schon längst gelöst haben. Viele von ihnen klagen keine alten Rechte mehr ein, sondern erproben in Theorie und Praxis neue Wege.[40] Rom hält die Ordination von Frauen nicht nur für unerlaubt, sondern auch für ungültig; dem wird mit Nachdruck widersprochen. Viele Theologinnen machen aber auch deutlich: Wer über diesen Widerspruch nicht hinauskommt, repetiert nur das römische Denken und besteht nur auf einer Verhärtung, die weder der Gesamtkirche noch den betroffenen Frauen gut tut. Wer nur darauf besteht, ebenfalls geweiht zu werden, stabilisiert letztlich ein System, das Frauen schließlich ausgeschlossen hat.[41]

Das ist der Grund, weshalb viele Frauen das Amt in seiner gegenwärtigen Form überhaupt nicht anstreben. Sie haben es im Geist und in der Praxis schon längst erneuert. Sie sind nicht mehr bereit, ihre Feier der Eucharistie, ihre Verkündigung des Wortes, ihr Beten und ihr gegenseitiges Helfen an ein herrschaftliches Vollmachtsdenken zu binden, das sich mit den Insignien altrömischer Macht umgibt und die Mitwirkung der Gemeinden auf ein wohlkontrolliertes Minimum beschränkt.

Deshalb führt der Widerstand gegen den Ausschluss unmittelbar zum Nachdenken über neue Formen der Partizipation, der Kommunikation, diakonischen Handelns und kirchlicher Leitung. Ziel ist in allen Auseinandersetzungen eben eine schöpferische Transformation kirchlicher Amtsstruktur. Nur am Rande sei bemerkt, dass damit ‑ wie wir vor allem in den Vereinigten Staaten sehen ‑ noch eine weitere Dimension verbunden ist. Es ist die Neuentdeckung religiöser Führerschaft aus ökumenischer und interreligiöser Perspektive. Gerade weil sie so lange marginalisiert waren, bieten Frauen heute die besseren Voraussetzungen, solche Durchbrüche zum Wohl der ganzen Kirche zu erzielen. [382]

II. Ein Angebot an die Kirche (fünf Thesen)

Was aber sind die Folgerungen, die am Ende dieses Heftes zu ziehen sind? Abschließend nenne ich fünf Aspekte:

(1) Zeichen der Zeit
Die Forderung nach der Ordination von Frauen ist nicht Ausdruck einer willkürlichen Selbstbehauptung, sondern Symptom eines tiefgreifenden kulturellen Umbruchs. Er hat den Ruf nach einer zeitgemäßen Kirchenreform zur Folge.

Die wachsende Emanzipation von Frauen sowie die Kritik an ihrer gesellschaftlichen Situation in praktisch allen Kulturen unserer Zeit ließ Theologie und Kirche nicht unberührt. So wird die Frage nach Frauen im kirchlichen Amt schon 1948 auf der ersten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen erwähnt.[42] Schritt für Schritt überzieht sie in den folgenden Jahrzehnten die nicht-katholischen (reformatorischen und freikirchlichen) Kirchen und hat ‑ spätestens in den sechziger Jahren ‑ auch die katholischen Kirchen erreicht. Die Diskussionsverläufe von anfänglicher Ablehnung bis hin zu positiven Lösungen wiederholen sich immer neu. Bislang ist noch keine der betroffenen Kirchen an der Frage zerbrochen. Ebenso wenig haben die ökumenischen Beziehungen zwischen den Kirchen darunter gelitten. Im Gegenteil, sobald sich die neue Erfahrung durchgesetzt hat, wird sie als segensreich erfahren. Das gilt auch für die Entscheidungen der anglikanischen Kirche.

Dabei zeigen alle Diskussionsgänge in wachsender Intensität, dass es nicht nur um rechtliche Regelungen, sondern auch um die christliche Gestalt und Glaubwürdigkeit der Kirchen, um die Qualität ihrer Geschwisterlichkeit geht, um die Achtung und Selbstachtung von Frauen und anderer an den Rand gedrängter Gruppen. Gegenüber der gegenwärtigen symbolistischen Argumentation aus Rom gilt, dass gerade der Ausschluss von Frauen inzwischen zum Symbol eines androzentrischen und auf Herrschaft versessenen Verhaltens geworden ist. Schon aus diesem Grund ist im Namen einer „Kirche in der Welt von heute“ Protest zu erheben.

Im Weltmaßstab kultureller Entwicklungen jedoch wirkt die gegenwärtige Verweigerung der katholischen Kirche wie ein letztes verzweifeltes Rückzugsgefecht. Die Leitung der katholischen Kirche hat die Wahl, die Zeichen der Zeit zu erkennen oder eine in sich abgeschlossene Subkultur zu fördern, deren Sinn ‑ innerhalb und außerhalb der Glaubensgemeinschaft ‑ weitgehend nicht mehr verstanden wird.

(2) Inkulturation und Ideologiekritik
Die Diskussion über Zulassung oder Verbot der Frauenordination ist ein Musterbeispiel für Nutzen und Notwendigkeit kontextueller und emanzipatorischer Theologien.

Durch die römischen Dokumente wurde der Diskurs auf zwei Aspekte verengt: auf die Ordination von Frauen durch Jesus und auf die Tatsache, dass Jesus ein Mann war. Das erste Argument ist anachronistisch, das zweite biologistisch. Beide Argumente erzeugen eine Beliebigkeit und Willkür der Argumentation, in der sich immer das eigene Vorurteil beweisen lässt, denn diese Argumente berühren die Kernaussagen des christlichen Glaubens nicht. Dagegen gehört zu [383] den Standards gegenwärtiger katholischer Theologie die Entdeckung, daß Glaube immer inkulturierter Glaube ist. Auch in ihm sind Aussagen immer von kulturellen und gesellschaftlichen Vorurteilen mitbestimmt.

Nun kann die Marginalisierung von Frauen eindeutig als die Folge kultureller und sozialer Bedingungen erkannt und identifiziert werden. Wer sie dennoch als zentrales und unverzichtbares Element des christlichen Glaubens erweisen will, trägt eine (hoffnungslose) Beweislast. Katholische Theologie kann sich ferner nicht der Tatsache verschließen, dass jede Behauptung, Argumentation oder Schlussfolgerung letztlich von Grundentscheidungen („Fundamentaloption“) und Interessen mitbestimmt ist; mit ihnen beschäftigt sich die Ideologiekritik.

Deshalb ist auch das Grundinteresse des christlichen Glaubens in den Blick zu nehmen. Es kann umschrieben werden mit Begriffen wie „Humanisierung“, „Gerechtigkeit“, „Friede“, „Befreiung“, „Versöhnung“, „Geschwisterlichkeit“. Wer dies als Christin oder als Christ einmal erkannt hat, kann in der christlichen Kirche kein Argument und keine Praxis mehr akzeptieren, die zu Inhumanität, Ungerechtigkeit, Unfrieden, zu Unterdrückung, zu Spaltung oder zur Privilegierung von einzelnen Gruppen führt, und seien es die Männer. Das bildet den Ausgangspunkt aller gegenwärtigen emanzipatorischen Theologien.

(3) Unbedingte Pflicht
Die Pflicht, in der Kirche alles Unrecht gegen Frauen aufzuheben, ist unteilbar und unbedingt.

Die erste und die zweite These dürfen aber nicht dazu führen, dass die Frage der Frauenordination für allgemeine (interkulturelle oder kontextuelle) Überlegungen instrumentalisiert wird. Nach weithin akzeptierter christlicher Überzeugung ist der Ausschluss von Frauen aus kirchlichen Leitungsfunktionen an sich Unrecht. Er steht im unerträglichen Widerspruch zu einem christlichen Menschenbild. Zu erinnern ist an die große biblische Metapher, dass der Mensch (als Frau, als Mann) Ebenbild Gottes ist, sowie an die christlichen Kernüberzeugungen, dass in der Taufe der Unterschied von Mann und Frau überwunden, nicht nur symbolisch überhöht ist (Gal 3,28), dass auch Frauen am „allgemeinen Priestertum“, an den Gaben des Geistes, an den Aufgaben von Kirchenleitung, Lehre, Prophetie und Diakonie teilhatten oder teilhaben, dass im Martyrium Frauen und Männer gleichermaßen Repräsentantinnen Gottes (gewesen) sind. Deshalb be rührt das Ordinationsverbot von Frauen deren unauslöschliche christliche Würde direkt, ohne Vorbehalt und unabhängig von allen kulturellen, sozialen oder sonstigen gesellschaftlichen Faktoren.

(4) Reform und Transformation
Die Diskussion über die Ordination von Frauen ist als Beitrag zu Reform und Transformation kirchlicher Strukturen zu begreifen.

„Ordination der Frau“ wurde zur Stellvertreterin für viele und vielschichtige Probleme. Nur einige Gesichtspunkte seien hier genannt. Es geht u.a. um das Recht von Frauen, [1] Kirche (n) oder kirchliche Gemeinschaften nach innen und [384] nach außen zu vertreten, [2] Leitungs- und qualifizierte Entscheidungsfunktionen zu übernehmen [3], der Feier der Eucharistie vorzustehen und den Dienst anderer Sakramente zu versehen. Neu zu besprechen sind [4] der Zusammenhang von Amt und Sakrament, [5] die Einweisung in dieses Amt „von oben“ (hierarchisch) oder „von unten““ (kraft Wahl durch eine Gemeinde von Getauften, [6] die Frage der ständigen Kontrolle.

Es geht aber auch um die Frage, [7] wie die traditionellen ‑ leitenden und diakonalen ‑ Ämter neu zu strukturieren, [8] an welchen Kriterien oder Inhalten sie zu messen und [9] auf welche kirchlichen, allgemein religiösen oder gesellschaftlichen Aufgaben sie auszurichten sind. Vor allem ist zu fragen, zu welchen Fehlformen der bisherige Ausschluss von Frauen geführt hat.

Dazu haben ‑ zumal Theologinnen ‑ Modelle entwickelt. Deshalb ist völlig klar, dass die gegenwärtige Diskussion auch eine ungeheure Chance bietet. Sie lautet: Reform und Transformation. Die spezifischen Erfahrungen von Frauen, die über Jahrhunderte ausgeschlossen waren, können jetzt theoretisch besprochen und praktisch in die Wirklichkeit der Kirche eingebracht werden.

(5) Angebot an die Kirche
Die Forderung nach der Ordination von Frauen dient dem Wohl und der Zukunft der Kirche.

Die gegenwärtige Diskussion ist stark von römischen Dokumenten bestimmt. Deshalb ist gegenüber „Rom“ ausdrücklich daran festzuhalten: Die Verteidiger der Frauenordination führen keinen Streit gegen Rom, gegen die kirchliche Lehre oder gegen bestimmte kirchliche Gruppierungen, sondern für die Zukunftsfähigkeit der Kirche. Sie haben etwas anzubieten: Sie sind davon überzeugt, dass nur eine geschwisterliche Kirche die Herausforderungen unserer Zukunft mit ihren vielfältigen Bedrohungen aufnehmen und bestehen kann. Diese Geschwisterlichkeit ist aber, wie gesagt, unteilbar; sie duldet keine Einschränkung.

Die gegenwärtige Diskussion bietet deshalb auch die ungeheure Chance, dass die Tragweite des Problems erkannt und dass die Chancen für die Zukunft wahrgenommen werden. Es bleibt nur zu wünschen, dass die katholische Kirche diese Zeichen der Zeit erkennt. Dies würde ihr zum eigenen Segen gereichen, den ökumenischen Dialog wieder in Bewegung bringen und im weltweiten Kampf für die Rechte, die Befreiung und die Würde von Frauen ungeahnte Reserven erschließen. Das müsste auch der gegenwärtigen Kirchenleitung jeden theoretischen, praktischen und spirituellen Einsatz wert sein.

Anmerkungen

[1] Beide Texte sind Teil der von E. Schüssler Fiorenza und Hermann Häring herausgegebenen Themennummer Die Weigerung, Frauen zu ordinieren (Concilium 35 [1999], Nr. 3) und geben den Diskussionsstand vom Herbst 1998 wieder

[2] Concilium 35 (1999), 279-292.

[3] Die Analysen dieses Artikels beziehen sich vornehmlich auf das Apostolische Schreiben Ordinatio sacerdotalis (Die Priesterweihe), das Johannes Paul II. am 22. Mai 1994 veröffentlicht hat, veröffentlicht in AAS 86 (1994), 545-548; lateinisch-deutsch in: Denzinger-Hünermann, Enchiridion Symbolorum (DH) 4980-4983. Wichtig zu seiner offiziellen Interpretation ist das (faktisch von Kardinal J. Ratzinger verantwortete) Dokument: Kongregation für die Glaubenslehre Antwort auf den Zweifel bezüglich der im Apostolischen Schreiben Ordinatio sacerdotalis vorgelegten Lehre vom 28. Oktober 1995, DH 5040-5041.

[4] Auf die genauere Terminologie des Kirchlichen Gesetzbuchs wird hier nicht eingegangen. Ein „Amt“ (munus) im streng juridischen Sinn des Wortes kann auch von Frauen übernommen werden. Dazu wird im Kirchenrecht eine reiche Palette von Möglichkeiten genannt, auf die hier nicht näher einzugehen ist. All diese Ämter sind keine „geistlichen“ Ämter im strengen Sinn, also keine offiziellen und streng sakramentalen Funktionen, die ihrerseits die Diakonatsweihe, die Ordination zum Priester oder die sakramentale Initiation in das Bischofsamt voraussetzen und ‑ nach gängiger Lehre ‑ einer sakramentalen Vollmacht bedürfen (vgl. L. Riedel Spangenberger, Die Stellung der Frau in der Kirche, in: P. Gordan [Hg.], Gott schuf den Menschen als Mann und Frau, Graz 1989; zur Rechtssystematik von „Amt“, „Gewalt“ sowie der Unterscheidung zwischen Kleriker und Laien: K. Walf, Einführung in das Kirchenrecht, Zürich 1984, bes. 43-64;169-188)

[5] H. Haag, Worauf es ankommt. Wollte Jesus eine Zwei-Stände-Kirche?, Freiburg i.Br. 1997.

[6] So der Katechismus der Katholischen Kirche [1993], Nr. 1537.

[7] Lumen gentium, 25.

[8] L. Boff, Kirche – Hierarchie oder Volk Gottes? Eine unvollendete Vision des Zweiten Vatikanischen Konzils, in:  Concilium 35 (1999), 293-310.

[9] Erklärung der  Kongregation für die Glaubenslehre über die Frage der Zulassung von Frauen zum Priesteramt vom 15. Oktober 1976 (DH 4590-4606). Der Text wurde von Paul VI. Offiziell approbiert.

[10] A. Willems, Het Mysterie als ideologie. De bisschoppensynode over het kerkbegrip, in: Tijdschrift voor Theologie 26 (1986) 157-171. Über den Prozess konsequenter Sakralisierung s. schon H. Küng, Wozu Priester? (Eine Hilfe), Zürich 1971, und E. Schillebeeckx, Christliche Identität und kirchliches Amt. Plädoyer für den Menschen in der Kirche, Düsseldorf 1975, ferner Haag, a.a.O.

[11] L. Lies, Sakramententheologie. Eine personale Sicht, Graz 1990.

[12] Th. Schneider, Zeichen der Nähe Gottes. Grundriss der Sakramententheologie, Mainz 1979.

[13] W. Beinert, Dogmatische Überlegungen zum Thema Priestertum der Frau, in: W. Groß (Hg.), Frauenordination. Stand der Diskussion in der katholischen Kirche, München 1998, 64-82; bes. 74-79.

[14] K. Rahner spricht vom Christus als dem sakramentalen „Urwort“ und von der Kirche als „Ursakrament“. Geprägt wurden auch Begriffe wie „Wurzelsakrament“ und „Quellsakrament“.

[15] Dieser Prozess der Personalisierung scheint mir entscheidender zu sein als der oft genannte „Christomonismus“. Die Konzentration auf Jesus Christus führt nur in der traditionellen „Christologie von oben“ zu Verengungen: J. Wohlmuth, Darstellung und Beurteilung der wichtigsten Inhalte und der Argumentationsstruktur der beiden Dokumente „Ordinatio sacerdotalis“ (1994) und „Inter insigniores“ (1976), in: E. Dassmann u.a. (Hg.), Projekttag Frauenordination, Bonn 1997,1-19.

[16] Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1549.

[17] Bemerkenswert ist, dass die Päpstliche Bibelkommission 1976 nicht zu dem Ergebnis kam, das die Glaubenskongregation wünschte und u.a. die Fragestellung als anachronistisch kritisierte. Daraufhin hat die Glaubenskongregation sich ihre eigenen Argumente konstruiert. Dieser unwürdige Umgang mit fachkundigen Menschen ist auch in anderen Fällen zu beobachten: W. Groß, Bericht der Päpstlichen Bibelkommission, 1976, in: W. Groß, a.a.O. 25-31.

[18] Zur Bedeutung von Frauen in neutestamentlicher Zeit gibt es inzwischen eine reiche Literatur. Wichtig sind die Arbeiten von G. Dautzenberg, M. Fander, L. Schottroff, H. Schüngel-Straumann, E. Schüssler Fiorenza, K. Thraede. Zur Auseinandersetzung mit der „exegetischen” Argumentation in Inter insigniores: L. und A. Swidler (Hg.), Women Priests. A Catholic Commentary on the Vatican Declaration, New York 1977.

[19] Zur Anthropologie Johannes‘ Pauls II.: H. Häring, „Kerk, wat zeg je van jezelf?“ De theologie van Johannes Paulus II., in: Tijdschriftvoor Theologie 25 (1985) 229-249.

[20] K. Wojtyła, Person und Tat, Freiburg i.Br. 1981.

[21] H. Häring, Het beeld van ,de vrouw‘ in Mulieris Dignitatem, in: C. Halkes u.a. (Hg.), Boeiende Beelden. Feministische en christelijke visies op de mens als vrouw en man, Nijmegen/Baarn 1992, 75-96.

[22] Mulieris dignitatem („die Würde der Frau) heißt das Apostolische Schreiben von Johannes Pauls II. vom 15. August 1988. Es ist als nachdenkliche Erwägung konzipiert und handelt von der „Würde und Berufung der Frau“. Es ist in vielfach in deutscher Sprache publiziert.

[23] Vgl. Anm. 2.

[24] P. Hünermann, Schwerwiegende Bedenken. Eine Analyse des Apostolischen Schreibens „Ordinatio sacerdotalis“, in: W. Groß, a.a.O. 120-127

[25] H. Küng, Unfehlbar? Eine Anfrage, Zürich 1970.

[26] Die Qualifikation der Ungültigkeit wird m.E. durch Ausdrücke wie: „die Kirche hat nicht die Vollmacht“, oder: „mehr als eine disziplinäre Bedeutung“ nahegelegt. Dennoch kann sich diese Ungültigkeit, streng genommen, nur auf den Bereich der katholischen Kirche beziehen, da die römische Festlegung zugleich als „Entscheidung“ qualifiziert ist (Ordinatio sacerdotalis, 4).

[27] Siehe Anm. 1.

[28] Heft 3 von Concilium 35(1999) trägt als Titel: „Die Weigerung, Frauen zu ordinieren“

[29] W. Groß (Hg.), Frauenordination. Stand der Diskussion in der katholischen Kirche, München 1996, 7.

[30] H. Küng, Wozu Priester (Eine Hilfe), Zürich 1971, 67f. Dieses Votum ist dann aufgenommen in: Reform und Anerkennung kirchlicher Ämter. Ein Memorandum der Arbeitsgemeinschaft ökumenischer Universitätsinstitute, München/Mainz 1973, 22f (These 20 d); 174f.

[31] Nur ein Beispiel dafür ist der englische Theologe John Wijngaards, der am 17. September 1998 in aller Form auf sein Priestertum verzichtet und dies vor der englischen Presse eingehend begründet hat (vgl. The Tablet vom 19. September 1999, S. 1232).

[32] Mir sind allein aus dem näheren Anschauungskreis meiner Tätigkeit vier Fälle von Frauen bekannt, die sich im Augenblick gegenüber ihrem zuständigen Bischof bzw. Großkanzler verteidigen müssen, ohne dass dies die Öffentlichkeit weiß.

[33] Für den deutschen Sprachraum: W. Groß (Hg.), Frauenordination, a.a.O.

[34] Vor allem hat sich die kirchliche Presse der Frage angenommen. So finden sich für den deutschen Sprachraum etwa ausführliche Dokumentationen in der Herder-Korrespondenz der vergangenen Jahre. In Großbritannien ist eine kontinuierliche Behandlung der Thematik in The Tablet zu finden, dort natürlich auch im Blick auf die Entwicklungen der anglikanischen Kirche. Schließlich bietet das Internet reiche und erstaunlich vielfältige Informationen zur Diskussion in allen Kontinenten, einschließlich asiatischer Länder und Australiens.

[35] Neuerdings: E. Schüssler Fiorenza, Neutestamentlich-frühchristliche Argumente zum Thema Frau und Amt. Eine kritische feministische Reflexion, in: Groß (Hg.), aaO. 32-44. Dort sind die früheren Studien und Beiträge sowie andere einschlägige Studien zur Frage aufgeführt.

[36] A. Jensen, Gottes selbstbewusste Töchter. Frauenemanzipation im frühen Christentum?, Freiburg i.Br. 1992

[37] Einige Bemerkungen etwa zu Johannes Chrysostomus und Bonaventura sind zu finden bei P. Hünermann, Lehramtliche Dokumente zur Frauenordination, in: Groß (Hg.), a.a.O. 83-96; besonders 87f. Vgl. denselben Artikel in Theologische Quartalschrift 173 (1993) 205-218.

[38] Zu verweisen ist auf das „Archiv für philosophie- und theologiegeschichtliche Frauenforschung“, das 1984 von Elisabeth Gössmann begründet wurde.

[39] Isabel Gomez Acebo, Das Schweigen der Lämmer, in: Concilium a.a.O. 293-302.

[40] Der Fortschritt der Diskussion lässt sich leicht ersehen, wenn man etwa das frühe Werk von Ida Raming mit Abhandlungen aus den neunziger Jahren vergleicht, in denen im Blick auf eine erneuerte Kirche das Priestertum an sich nicht mehr wünschenswert erscheint: I. Raming, Der Ausschluss der Frau vom priesterlichen Amt – Gottgewollte Tradition oder Diskriminierung?, Köln 1973.

[41] Im deutschen Sprachraum zeugt davon eine neuerliche Veröffentlichung: M. Bühler/B. Enzner-Probst/H. Meyer-Wilmes/H. Steichele, Frauen zwischen Dienst und Amt. Frauenmacht und -ohnmacht in der Kirche. Beiträge zur Auseinandersetzung, Düsseldorf 1998.

[42] Zur ökumenischen Situation: J. Field-Bibb, Women towards Priesthood. Ministerial Politics and Feminist Praxis, Cambridge 1991; zum folgenden: A. Jensen, Frauenordination und ökumenischer Dialog, in: Groß (Hg.), a.a.O. 100-105.