Vom Glück und der Schwierigkeit, mit anderen zu teilen
Psalm 124
Ein Wallfahrtslied Davids.
Hätte sich nicht Jahwe für uns eingesetzt
– so soll Israel sagen -,
hätte sich nicht Jahwe für uns eingesetzt,
als sich gegen uns Menschen erhoben,
dann hätten sie uns lebendig verschlungen,
als gegen uns ihr Zorn entbrannt war.
Dann hätten die Wasser uns weggespült,
hätte sich über uns ein Wildbach ergossen.
Gelobt sei Jahwe,
der uns nicht ihren Zähnen als Beute überließ.
Unsre Seele ist wie ein Vogel dem Netz des Jägers entkommen;
das Netz ist zerrissen und wir sind frei.
Unsre Hilfe steht im Namen des Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Dieser Tag soll unter dem Motto stehen „Mit anderen teilen“. Das ist ein zutiefst politisches Motto, gesättigt vom Gedanken des Reiches Gottes, wie Jesus ihn wohl von seinen jüdischen Wurzen her verstanden hat. Dieses Reich kann jetzt beginnen. Wer auch nur zwei Körbe von seinem Brot austeilt, zu dem werden zwölf Körbe zurückkommen. Dieses Versprechen kann und sollte zu einer zutiefst christlichen Verheißung werden, die die unteilbaren Grundhaltungen unserer Seele prägt. Das Brotbrechen, das wir im Abendmahl einüben, führt uns wirksam vor Augen, dass wir unsere Güter und unser Wissen, unsere Visionen und unser Leben zu teilen vermögen mit unseren Schwestern und Brüdern, mit den Armen und Entrechteten dieser Welt, die wir von Stunde zu Stunde mitgestalten. Nachfolge meint Öffnung; sie schickt uns in eine Gemeinsamkeit, die in uns selbst beginnt, mit uns aber nicht endet. Wenn es gut geht, bildet sie sich vorweg schon in unseren kirchlich agierenden Gemeinschaften ab, gleich ob wir sie innerkatholisch, ökumenisch oder interreligiös verstehen. Ihr Ziel kann und wird sie dort erreichen, wo Gottes Reich dann offenbar wird und worüber wir uns in diesen Frankfurter Tagen austauschen: bei den Menschen, die auf unseren Einsatz angewiesen sind. Für diese große, weltpolitische Option hat Jesus von Nazareth unüberbietbare Maßstäbe gesetzt.
Aber als Herausforderung an uns gilt dabei: Nur durch dieses Teilen kann eine Freiheit wachsen, wie Jesus sie verstanden hat. Nur so können wir Gottes Freiheit erfahren, die sich aus sich selber trägt: weil nämlich das Netz zerreißt, von dem Psalm 124 spricht. Bei dieser Teil-Gemeinschaft entstehen nämlich keine Verluste und entsteht kein Chaos, so als würden gefangene Fischschwärme uns wieder entwischen und das Weite suchen. Denn dieser Psalm spricht vom Netz der Vogelsteller. In ihm sollen wir uns und sollen sich die Armen verfangen wie Vögel, die in ihrer Gefangenschaft dem Tode geweiht sind. Wenn unsere Seele diesem Netz der Ichbezogenheit entflieht, beginnt nicht nur unsere persönliche Freiheit, sondern auch die Befreiung unserer gesellschaftlichen und politischen Systeme, der wir uns jetzt – ohne Lähmung – widmen können. Über diese Zusammenhänge, deren Teil wir sind, denken wir in diesen Tagen nach. In widerständigem Gedenken an das 2. Vatikanische Konzil spannen wir den Bogen von der jesuanischen Erinnerung hin zur Vision von der Gottesherrschaft. Beide klagen wir ein, um endlich wieder den Freiraum zum leidenschaftlichen Miteinander, zur Versöhnung und Gerechtigkeit zu finden. Nur mit ihnen kann ein menschen- und ein gotteswürdiges Leben beginnen.
Teilen – verstanden als Tat und als Haltung – macht glücklich, aber es verlangt uns auch einiges ab. Vielleicht schneidet es uns ins Herz. Es will erarbeitet sein in einem sehr schmerzlichen Kampf, erschöpft sich nicht in moralischen Zuordnungen und großräumigen Analysen, auch nicht im gesellschaftlichen Rundumschlag. Es gedeiht nur im Ausgang von der eigenen Lebenspraxis, die sich unter Christinnen und Christen – wie schon gesagt – als Nachfolge, als eine täglich neue Orientierungssuche versteht.
Wie schwierig das ist und wie viel Selbstreinigung das verlangt, lässt sich am Opfergang des Abraham mit seinem Sohn Isaak (oder war es Ismael?) zum Berge Moriah zeigen (Gen 22,1-14). Wir kennen die klassische Interpretation: Diese Geschichte dokumentiere das Ende aller Menschenopfer; doch zugleich werden Tieropfer legitimiert. Ist diese Geschichte aus der Perspektive Jesu nicht überholt? „Wenn du während des Gottesdienstes ein Opfer bringen willst und dir fällt plötzlich ein, dass dein Bruder [oder deine Schwester] etwas gegen dich hat, dann lass dein Opfer liegen, gehe zu ihnen und versöhne dich mit ihnen.“ (Mt 5,23) Jesus entdeckt, wie schon manche Psalmen und manche Propheten vor ihm, die Problematik des Opferns, das immer meint, es könne das eigene Unrecht durch die Vernichtung anderen Lebens ausgleichen.
Vor diesem Hintergrund wird der Opfergang des Isaak/Ismael zur Metapher für einen ganz anderen, höchst destruktiven Vorgang: Es sind immer die Väter, die ihre Kinder opfern; es sind mehr denn je die vorhergehenden Generationen, die auf Kosten der nachfolgenden leben. Der unterschwellige Zynismus, der in dieser Geschichte zur Sprache kommt, ist kaum zu überbieten: In Erwartung eines heilenden Ereignisses – des Fortschritts, technisierter Lebensverhältnisse, eines blühenden Finanzapparats, der großen Globalisierung – trägt das Opfer Isaak bereitwillig das Holz, mit dem er verbrannt werden soll. Erwartungsvoll fragt er seinen Vater: „Wo ist das Lamm für das Brandopfer?“ Mit demselben schein-heiligen Zynismus antwortet Abraham: „Gott wird sich das Opferlamm aussuchen.“ Wie recht er hat und wie blasphemisch das ist: Es ist in der Tat die Generation der Kinder und Kindeskinder, die wir erwartungsfroh in ihr Unglück rennen lassen. Es sind aber zugleich die Unaufrichtigkeit und die Blasphemie der vorhergehenden Generationen, die Gottes Willen vorschieben, verkleidet als wachsender Wohlstand, als endgültige Beherrschung der Natur.
Dies ist die große Versuchung jeder Religion (einschließlich der christlichen): Für unser Versagen, auch für unser Leben auf Kosten der Nachkommen bietet sie schein-beruhigende, schein-versöhnende, schein-rechtfertigende Rituale, Handlungen und Gebete an. Gewissen werden schein-entlastet, weil sie ihre Lasten nicht aus dem Wege räumen. Wenn Jahwe statt des Isaaks einen Widder anbietet, dann bleibt immer noch die Frage, warum denn überhaupt Blut fließen muss. Warum müssen wir – um unseres Seelenheiles willen – fremdes Leben in Netzen fangen, damit dieses in höhere Sphären entrückt, seines eigenen Rechts beraubt, in scheinbar größere Zusammenhänge eingerückt und damit zerstört wird? Es gibt in den Religionen nicht nur eine erschreckende Affinität zwischen Heiligkeit und Gewalt, sondern auch einen perversen Mechanismus, der solche Gewalt als Ersatzhandlung für unser Versagen rechtfertigt. Zudem kann niemand leugnen: Diese Mechanismen der Rechtfertigung entschärfen oder legitimieren tagtäglich die zahllosen Unrechtsverhältnisse zwischen Armen und Reichen, Gnädigen und Schuldigen, Starken und Schwachen, den Glückspilzen und den Pechvögeln der Menschheit. Wie viel Schuld wird da angedichtet, von wie viel Schicksal und göttlichem Ratschluss phantasiert, dies alles nur zur Selbstentlastung! Gott, als der jenseitige Verhänger von Strafen missbraucht, führt zu einem zynischen Fatalismus; es ist ein Gott, der in der gegenwärtigen Säkularisierung sein Vergessen verdient.
Es ist nach René Girard wenigstens die jesuanische Erinnerung, die diese Zusammenhänge in ihrer Brutalität schon dadurch entlarvt, dass er vor aller Augen zum wehrlosen Opfer dieser kurzsichtigen Weltkorrekturen wird. Jesus hat zur Entlastung der Menschheit eben keinen neuen Opfer-Sühne-Zusammenhang installiert, wie wir es gelernt haben. Sein Schrei lautete: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen!…“ Doch gemäß klassischer Religionsmechanik ruhte, wie Paulus mit der jüdischen Schrift ja sagte, der Fluch auf ihm: „Verflucht, wer am Holze hängt“ (Dtn 21,22; Gal 3,13). Gemäß dieser klassischen Religionsmechanik hat Paulus nun diesen Tod des Verfluchten als Sühne gedeutet. Die bedrückende Geschichte vom naiv erwartungsvollen, aber todgeweihten Isaak zum Opferberg findet hier eine Erfüllung, bei der uns die Haare zu Berge stehen.
Exegeten und Theologen fragen sich heute: Hat Paulus in dieser Sache den Messias seines neuen Glaubens überhaupt richtig verstanden? Die jesuanische Erinnerung spricht eine andere Sprache. Zunächst brauchte er keine Sühne und keinen Opfertod, der zwischen Gott und die Welt treten muss. Noch nie – weder in den großen Bundesschlüssen (mit Noach, mit Abraham oder mit Mose) noch in den prophetischen Herausforderungen – hatte Jahwe uns seine Treue aufgekündigt. Doch diese Treue führte zu keinem lassez faire, sondern zu einer unerbittlichen, weil verinnerlichten Verpflichtung, wie wir sie in der Bergpredigt erkennen.
Wie es scheint, wurde dem noch suchenden Jesus diese urjüdische und doch ganz neue (weil un-apokalyptische) Gotteserfahrung in seiner Tauferfahrung geschenkt. Er trennte sich von der Johannesbewegung, um in der Wüste der Konsequenz seiner Gotteserfahrung nachzugehen. Sie lautet, wie schon gesagt: Das Reich Gottes bricht an, weil es schlicht in der Erfahrung und zugleich im Tun von Gottes Liebe besteht. Da gibt es keinen Zorn, keine Strafe und kein Opfer mehr, das sich zwischen Gott und mich schiebt, als ob es die Dinge für uns regeln könnte. Nachfolge ist hier und jetzt möglich, von keinem Zorn und von keiner Besänftigung Gottes mehr abhängig. Deshalb heißt Nachfolge für die Jüngerinnen und Jünger ganz unspektakulär und radikal zugleich: Gottes Reich setzt sich hier und jetzt durch.
Ich habe vom Teilen und davon gesprochen, dass die Opferrolle des Isaak (oder des Ismael) zu beenden sei. Sie ist auch nicht durch mysteriöse Opfermechanismen, durch das Blut von Widdern, gar durch die Selbstaufopferung anderer zu ersetzen – auch nicht durch einen Opfertod Jesu, nicht durch diese Überwelt unserer Erlösungsideen, die doch nur ablenken und lähmen. Keine Opfermentalität kann unsere Gesellschaft vermenschlichen, sondern nur eine Mentalität des lebensdienlichen Teilens. Ja, dies kann beglückend sein. Doch es beginnt immer mit dem furchtlosen, dem direkten Blick auf die, in deren Schuld wir stehen, also in dem grauenhaften Abgrund unserer Gesellschaften und Welten, den uns auch kein zorniger oder strafender Gott mehr verstellen kann. Kein frommer Gedanke darf dazu dienen, diese Schrecken der Welt und das zu verharmlosen, was wir den Schwachen und den nachkommenden Generationen durch unseren Egoismus und unsere Bequemlichkeit antun, indem wir die Erde zerstören und sie ausbeuten über das Maß dessen hinaus, was sie aus eigener Kraft wieder herstellen kann.
Natürlich stellt sich die Frage: Zerstört eine solche Opferkritik nicht die Grundlagen des christlichen Glaubens? Steht in seinem Zentrum nicht die Frage nach universaler Erlösung? Hängt die christliche Botschaft nicht von der Überzeugung ab, dass uns durch Christi Tod unsere Sünden genommen wurden? Immerhin heißt es im frühesten Osterbericht: „Christus ist für unsere Sünden gestorben gemäß der Schrift.“ (1 Kor 15,3b).
Vielleicht haben wir uns nur eine falsche Deutung dieses Wortes angewöhnt. Deshalb erinnere ich zunächst an die Leidenschaft der Propheten, etwa eines Amos, der schreibt:
„Ich hasse eure Feste, ich verabscheue sie,
und kann eure Feiern nicht riechen.
Weg mit dem Lärm deiner Lieder!
Dein Harfenspiel will ich nicht hören,
sondern das Recht ströme wie Wasser,
die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ (Amos 5, 21ff.)
Für unsere Sünden also gestorben? Jedenfalls nicht, um für sie Sühne zu leisten, schon eher, weil er sich gegen unser Versagen stellte und man dies nicht ertrug. Denn in der Botschaft Jesu können wir keinerlei Opfermentalität erkennen. An keiner Stelle instrumentalisiert er Nachteile oder Schmerzen, gar einen Tod zur Heilsbotschaft.
Programmatisch heißt es im Lukasevangelium:
„Der Geist des Herrn ruht auf mir;
denn der Herr hat mich gesalbt.
Er hat mich gesandt,
damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe;
damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde
und den Blinden das Augenlicht;
damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze
und ein Gnadenjahr des Herr ausrufe“. (Lk 4,18f.)
In seinen Gleichnissen lobt Jesus nie den Schmerz, die Strafe oder den Verlust; nie vertröstet er die zu-kurz-Gekommenen auf eine jenseitige Zukunft, argumentiert mit keiner Sündenbotschaft, wie das Paulus tut. Jesus lebt und äußert reine Positivität. Er spricht vom Barmherzigen Vater, guten Hirten, großzügigen Gutsbesitzer, vom Bräutigam und der bevorstehenden Hochzeit. Er behauptet: Wir – die wir jetzt teilen und sofern wir jetzt teilen – könnten uns jetzt schon freuen. Gewiss, den Blick zur Pesachzeit auf Jerusalem gewandt ist er realistisch genug, um mit Risiken, selbst mit einem Lebensrisiko zu rechnen. Aber seinen Tod hat er nie in irgendeiner Form von Opfermentalität vorweggenommen.
Rufen wir das Johannesevangelium in den Zeugenstand. Nach gängigen Übersetzungen ist dort – gut paulinisch – öfter von der Hingabe Jesu die Rede. Der Exeget Walter Kirchschläger weist akribisch nach: Dieser und vergleichbare Verse sind mit einem falschen, zumindest einem missverständlichen Zungenschlag versehen:
Gott gibt[!], also schenkt uns seinen einzigen Sohn (Joh 3,16).
Von sich selbst sagt der Jesus dieses Evangeliums:
„Deswegen liebt mich der Vater, weil ich mein Leben riskiere[!] …
Niemand nimmt es von mir, sondern ich setze es[!] aus eigener Vollmacht ein.
Ich bin dazu ermächtigt, es einzusetzen[!] …
Diesen Lebensentwurf habe ich von meinem Vater erhalten.“ (Joh 10,17f.)
Reden wir also von Gottes Gabe oder Geschenk statt von Gottes Hingabe, von Jesu Bereitschaft, mit seinem Leben in die Bresche zu springen, statt von einem passiven Opferprojekt.
Genau besehen ist uns diese Sicht gar nicht so neu. Aber unsere Diskurse einerseits von der Nachfolge eines mit uns solidarischen Jesus, andererseits von Jesu Opfertod haben sich unmerklich aufgespalten. Ohne Irritation lesen wir auch die schöne Zusammenfassung in der Offenbarungskonstitution des Konzils (Nr. 4). Dort heißt es unübertrefflich und ohne alle Opfermystik:
„Er [Jesus Christus] ist es, der
durch sein ganzes Dasein und seine ganze Erscheinung,
durch Worte und Werke,
durch Zeichen und Wunder, vor allem aber
durch seinen Tod und seine herrliche Auferstehung von den Toten,
schliesslich durch die Sendung des Geistes der Wahrheit
die Offenbarung erfüllt und abschließt,
und durch göttliches Zeugnis bekräftigt, dass Gott mit uns ist, um uns aus der
Finsternis von Sünde und Tod zu befreien und zum ewigen Leben zu erwecken.“
Das ist keine Sühne-Ideologie mehr, sondern eine biblisch getränkte Sprache, die vom Geist der Gemeinschaft, der Solidarität und des Teilens beseelt ist. Ich urteile nicht darüber, wie frühere Generationen christliche Erlösung und wie sie Paulus verstanden haben: er ist nach wie vor der große Interpret eines weltweiten Christentums. Mir ist nur klar: Unsere neuen Sinn- und Verzweiflungshorizonte haben uns die Freiheit zu dieser Neuentdeckung geebnet. Vielleicht ist es die große Chance einer sogenannten säkularisierten Epoche: Sie entwindet uns endgültig den alten, archaisch religiösen Zwängen, die – zum Schaden einer jeden Prophetie – unser Verhältnis zu Gott in zwiespältige Opfer- und Sühnevorstellungen zerrten. Immerhin bedeutete seine Sühnetheologie massive Kritik an den blutrünstigen Opfertheologien seiner Umwelt. Jetzt allerdings ist es an der Zeit, uns der einseitigen Dominanz paulinischen Denkens zu entziehen, es zumindest von der Botschaft Jesu her zu relativieren. Immerhin sind wir keine Paulaner, sondern Christinnen und Christen.
Mit allen teilen? Das ist auch der Horizont, in dem wir – wie schon angedeutet – neu das Brot und den Wein teilen können. Schließlich teilte Jesus mit uns sein Leben und war bereit, es uns zu unseren Gunsten zu schenken. Auf eigenes Risiko hin trat er in seiner Öffentlichkeit für uns ein. So verstanden könnte das Abendmahl auch endlich wieder zur ökumenischen Versöhnung führen und uns dazu anleiten, die versöhnte Zukunft der Menschheit als das große Ziel der christlichen wie auch anderer religiösen Traditionen zu erkennen. In allen geht es schließlich um Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Es geht um unsere und um aller Befreiung. So schließe ich mit Psalmversen, die wir zu Beginn hörten:
„Gelobt sei Jahwe,
der uns nicht ihren Zähnen als Beute überließ.
Unsere Seele ist wie ein Vogel dem Netz des Jägers entkommen;
Das Netz ist zerrissen und wir sind frei.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.“
Morgenimpuls am 20.10.2012 auf der Konziliaren Versammlung
in Frankfurt, erschienen in: Werkbuch II, 80-83.
Anmerkung:
Einige kritische Reaktionen lassen mich auf Folgendes hinweisen: Diese Ausführungen sind nicht gegen Paulus, sondern gegen eine undifferenzierte Paulusverehrung und gegen eine unhistorische Paulusauslegung gerichtet. Inmitten von Opferreligionen mag er befreiend und opferkritisch gewirkt haben, doch spätestens in einer säkularisierten Kultur schlägt seine Opfermetaphorik in eine opferfördernde Dynamik um. Dagegen erscheint die jesuanische Botschaft als heilsamer und befreiender denn je. Vgl. dazu: M. Limbeck, Abschied vom Opfertod. Das Christentum neu denken, Ostfildern 2012.