Volk Gottes – Vom Zeitgeist verderbt oder vom Heiligen Geist begabt?

Einleitung: Zwischen Ratlosigkeit und Ungehorsam

Zum zweiten Mal blickt die katholische Kirche Deutschlands auf ein hochdramatisches Jahr zurück. 2010 raubten uns die Fälle von Missbrauch und deren Vertuschung den Atem; die Affäre Mixa würgte ihn vollends ab. Kirchenaustritte waren die Folge. Weiterlesen

Wie können wir als Kirche Vertrauen zurückgewinnen?

Das WORT ergreifen in der Krise der Zeit

Einleitung

Die Idee des Gesprächsprozesses ist geboren aus der Glaubwürdigkeitskrise des vergangenen Jahres. Sie hat nicht nur einige erschreckende Abgründe in der eigenen Kirchenwirklichkeit aufbrechen lassen, sondern auch gezeigt, dass die Kirche nur schwer mit ihren eigenen Abgründen umgehen kann. Es gab Vertuschungen und es gibt Vertuschungsversuche bis heute. Nach meinem Urteil hängt dieses Problem – katholisch oder evangelisch – mit der Selbstbezogenheit der kirchlichen Eliten zusammen. Man bewegt sich in geschlossenen Gesellschaften und wie in allen solchen Gesellschaften gibt es Täter und Opfer und viele, die sich dazwischen bewegen. Man kann auch von „Klerikalismus“ sprechen. Für mich lautet deshalb die Frage, die den Anlass zum vorgesehenen Gesprächsprozess gibt: Wie kann die Kirche ihre – durch Jahrhunderte gewachsenen – Mechanismen der Selbstproduktion, der Selbstbestätigung, der Selbstbeurteilung überwinden? Ich verstehe diese Bemerkung aber nicht als die gängige, oft klischeehaft vorgetragene Katholizismuskritik. Die evangelischen Kirchen Deutschlands sitzen vermutlich in derselben Falle, – eine Art unsichtbarer Maulwurfsfalle, die dem westlichen Christentum tief eingegraben ist. Vorteil der katholischen Kirche ist, dass diese Mechanismen ungenierter formuliert sind, offener zu Tage liegen und direkter ausagiert werden. Das macht es uns möglich, die Fragen unvermittelter anzupacken.

Wir haben – wie ich vermute – in der Diözese Rottenburg-Stuttgart noch einen weiteren Vorteil. Bislang steht der gesamtdeutsche „Gesprächsprozess“, wie ich meine, unter keinem guten Stern. Die offizielle Themenstrukturierung ist lieblos. Der Start in Mannheim war unverbindlich und – wie ich meine – manipuliert. Nahezu die Hälfte der Bischöfe glänzte durch Abwesenheit und sofort wurde klar gestellt, was alles „nicht verhandelbar“ ist. Daraus kann nichts werden. Dagegen klingen die Anfangstöne in unserer Diözese entschiedener, entschlossener, vielleicht auch offener: „Dialog“ wird als eine „Haltung“ umschrieben, als „die Bereitschaft, in ein unvoreingenommenes und vorbehaltloses Gespräch einzutreten und sich von diesem Gespräch verändern zu lassen“. Auch lebe ein wirklicher Dialog „vom Respekt vor der anderen, möglicherweise gegensätzlichen Meinung“. Weiter heißt es im Grundsatzdokument: „Eine – bewusste oder unbewusste, ausdrückliche oder unausgesprochene – vorweggenommene Festlegung auf bestimmte Ergebnisse oder die Tabuisierung bestimmter Themen widerspricht dieser Haltung. Ein solcher Prozess verlangt auch in dem Sinne Offenheit, dass in seinem Verlauf Erkenntnisse wachsen und Ergebnisse entstehen können, die am Beginn noch nicht im Blick sind. Jeder Dialog ist der Wahrheit verpflichtet.“ Das sind jedenfalls gute Worte, auf die man sich gegebenenfalls berufen kann.

Deshalb lohnt es sich, das Projekt „Dialog- und Erneuerungsprozess“ voranzutreiben. Ob das Ziel lauten muss: „Glaubwürdig Kirche leben“, lasse ich vorerst dahingestellt. Mir wäre es wichtiger, dass wir es lernen, unser Christsein glaubwürdig zu leben. Aber darüber später.

Und ein Letztes möchte ich gleich jetzt schon sagen, also ein wenig Wasser in die Freude schwäbischer Selbstbegeisterung gießen: Strukturen und Strukturierungen eines solchen Prozesses sind wichtig. Wir laufen Gefahr, dass am Schluss irgendwelche Gremien, welcher Art auch immer, die Steuerung zum Nachteil offener Dialog übernehmen. Ein Bischofsordinariat z.B. ist ein Verwaltungsapparat und hat hier nichts zu suchen. Sobald die Gremien ganz unten (z.B. Gemeindeversammlungen und ad hoc sich treffende Gruppen) das Gefühl haben, dass sie nur Vorarbeit leisten können, wird man nicht viel von ihnen erwarten können. I.ü. ist das ganze Unternehmen schon jetzt kopflastig, beginnend mit Diözesanen Gremien, mit Beratungen auf Regional- und Dekanatsebene. Dialog muss unten beginnen und unten bleiben. Er muss von den Gemeinden und einzelnen Verbänden in die Diözesen, von den Diözesen in die deutschsprachige katholische Kirche getragen werden. Formal kann dieser Dialog auch zu keinem Abschluss kommen. Denn das bisherige Problem war ja, dass Dialog ständig gesteuert, marginalisiert, verunmöglicht wurde. Das unterschwellige Ziel des gegenwärtigen Dialogprozesses muss sein, dass er sich als Dauerinstitution etabliert. Dasselbe gilt für die „Erneuerung“, die – so der offizielle Eindruck – in einigen Jahren erreicht sein soll.

Wenn wir das aktuelle Unternehmen also wirklich ernst nehmen, stellt es uns in eine Alles-oder-Nichts-Situation. Es ist die große Chance für Gruppen, die sich die Erneuerung ohnehin auf die Fahnen geschrieben haben. Wir beginnen einen Prozess, der 1965 schon offiziell hätte beginnen müssen. Umso besser, dass er jetzt – natürlich unter anderen Umständen – zustande kommt.

I. Die Situation

Der Auslöser des Dialogprozesses heißt Vertrauensverlust. Dieser Vertrauensverlust hat viele Namen, denn die aktuelle Kirchensituation ist äußerst komplex. Deshalb wähle ich nur drei Namen aus. Sie sollen zeigen, welche Mechanismen uns bei einem offenen Dialog vermutlich immer wieder blockieren, einer gemeinsamen Erneuerung im Wege stehen. Die Namen lauten:

  • Selbstfixierung,
  • Überweltlichung und
  • Flucht in die Präsentation.

1.1 Selbstfixierung

Das westliche Christentum hat gut eineinhalb Jahrtausende die zentralen Codes seiner Kultur mitgeprägt, ist als normgebende Instanz aufgetreten und hat ein eigenes Wahrheitssystem entwickelt, das heute noch nachwirkt. Allerdings war dieses System bis weit in die Neuzeit hinein noch offen, aufnahmefähig für neue Impulse. Albertus der Große hat im Namen der Theologie noch naturwissenschaftliche Studien betrieben, Thomas von Aquin den Aristotelismus rezipiert, der Priester und Mönch Gregor Mendel noch im 19. Jahrhundert wichtige Erbgesetze, die sog. Mendelschen Gesetze, entwickelt. Wir hatten es – einem gesunden Organismus vergleichbar – mit einem dynamischen Verhältnis von bleibender, sich unmerklich verändernder Identität und ständiger Interaktion mit der Außenwelt zu tun. Diese Dynamik ist in der katholischen Kirche spätestens seit 1870 zerbrochen. Theologiegeschichtlich sprechen wir vom Antimodernismus: soweit irgendwie möglich, werden die Brücken zur Moderne gekappt und gilt alles als unchristlich oder verdächtig, was sich modern nennt. Eines der häufigsten Klischees in den bischöflichen Verlautbarungen der vergangenen Jahrzehnte ist die Warnung vor Anpassung.

Nun sind alle Institutionen, wenn sie überleben wollen, irgendwie auf sich selbst bezogen, also „autoreferentiell“ und „autotelisch“. Selbstbezogen sind vor allem Kunstwerke; ihr Zweck ruht in ihnen selbst. Dies macht unmittelbar verständlich, dass und warum diese Selbstbezogenheit auch den Religionen nahe ist. Auch Religionen stellen etwas Ungreibares dar, indem sie sich selbst darstellen.

Das Problem der aktuellen offiziellen katholischen Kirchentheorie ist die Tatsache, dass sich ihre Selbstbezogenheit zu beherrschenden Mechanismen verselbständigt hat. Sie geriert sich als Selbstzweck, als keiner Korrektur von außen bedürftig. Die Reformation hatte dieses Problem erkannt und der Kirche die Schrift als ihr Anderes gegenübergestellt. Umso mehr hat die Kirche – in Furcht vor ihrem machtverliebten Autonomieverlust – genau diese Polarität nach Kräften zugedeckt. Die Schrift wird engstens mit der Tradition verkoppelt, der gelebte Glaube konsequent dem Lehramt unterstellt; Papst und Bischöfe verstehen sich in massiver Form als „Stellvertreter Christi“. Benedikt XVI. sagt „Glaube“ und denkt „Katechismus“. „Fest soll mein Taufbund immer stehen, ich will die Kirche hören. Sie soll mich allzeit gläubig sehen und folgsam ihren Lehren.“ Dieses Phänomen der Selbstfixierung hat sich in der Lebens- und Denkform des Klerikalismus niedergeschlagen. Das ist eine Gruppe von Männern, die sich darstellt als nicht zu korrigierende Machtelite, als nicht zu belehrende Wissenselite, als nicht versagende Heiligungselite, also als eine Elite, die dem Anderen prinzipiell kritisch gegenübersteht. Wir kennen die Schlagworte von der falschen Anpassung, der Diktatur des Relativismus.

Deshalb ist darauf zu achten, dass wir beim Dialogprozess die unbewussten kirchenzentrierten Steuermechanismus außer Kraft setzen. Binnenkirchliche Fragestellungen sind wichtig, aber sie sind kein Selbstzweck, weil Mittel zum Zweck. Es darf nicht um Diakonie, Liturgie und Zeugnis als den letzten Bezugsrahmen gehen. Der aktuelle Vertrauensverlust wurde durch die Missbrauchsfälle nicht verursacht, sondern vielleicht ausgelöst. Er entsteht aus dem Gespür, dass die Kirche – so guten Willens sie auch sei – letztlich nur für sich selbst da ist und sein will.

Im Mannheimer Treffen vom 8. Juli wurden am Schluss 37 Kernwünsche herausdestilliert. Dabei geht es um eine junge Kirche, das Allgemeine Priestertum, um Partizipation, Akzeptanz der Vielfalt, Gleichberechtigung von Frauen. Die Kirche muss zur Vorhut und transparent werden, den Menschen im Scheitern nahe sein, eine neue Verantwortungskultur und eine neue Sexualmoral entwickeln, angstfrei werden, offen und interessiert an der Welt werden. Eine jede dieser Forderungen ist zu unterstreichen, aber sie alle wollen eine bessere Kirche. Nur drei oder vier Forderungen zeigen einen anderen Horizont. Eingefordert werden das Wort Gottes als Nahrung der Kirche, der Blick auf „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen“, ein radikaler Neuaufbruch, der gelebt statt gefeiert wird.

1.2 Überweltlichung

Papst Benedikt hat bei seiner Rede im Freiburger Konzertsaal die Frage der Entweltlichung ins Spiel gebracht und damit viel Verunsicherung ausgelöst. Was meinte er damit? Simple Weltferne kann wohl nicht gemeint sein, wohl auch nicht die protestantische Version dieses Ideals, von dem in den sechziger Jahren die Lehrbücher und Schriftkommentare noch voll waren. Dort ging es darum, für diese Welt die wahren Maßstäbe zu finden. Der Papst fordert Entweltlichung, würde sich aber gegen den Vorwurf wehren, er werte die Welt ab; schließlich ist sie Gottes Schöpfung. Was also meinte er? Er wollte, denke ich, darauf hinweisen, dass die Kirche – nach seiner eigenen Überzeugung – als Geschöpf Gottes und Trägerin allen Heils über der Welt steht. Genau diese Konzeption trifft ein unausgesprochenes Modell, das noch in vielen katholischen (und evangelischen) Köpfen herumgeistert. Die Kirche ist eine göttliche Institution, vom Gottmenschen gestiftet. Sie ist der „fortlebende Christus“, wie Möhler sagte. Gut platonisch lebt sie – als „heilige Kirche“ in einem Jenseits als die unberührbare, unbefleckte, die als solche von keinem Versagen getrübt sein kann.

Eine Institution aber, die so in der Ewigkeit verankert ist, kennt im Grunde keinen Wandel in Inhalt und Sprache. Neuerung muss von Übel sein. Dann aber kann sich auch die Sprache nicht ändern. Wenn sie nicht verstanden wird, ist dies das Problem der Menschen und nicht der Kirche. Für diese Haltung – und darauf ist zu achten – bedeutet „Erneuerung“ nur Rückkehr in die alte Wahrheit, eben noch intensiver, noch eifriger, noch moralischer. Ich habe den Eindruck, dass manche Kirchenleute „Erneuerung“ auch im gegenwärtigen „Erneuerungsprozess“ verstehen. Von daher können sie von vornherein sagen, was nicht verhandelbar ist und dass Dialog im Hören besteht.

Vermutlich wird niemand von den Anwesenden die Kirche in diesem strikten Sinn als überweltliche Entität verstehen; selbst Walter Kasper hat dagegen Einspruch erhoben. Aber schon die überstarke Institutionalisierung des internationalen Religionsapparats der Römisch-katholischen Kirche übt eine ungeheuer hemmende, unbewegliche Wirkung aus. Sie liegt wie ein schwimmender Koloss wie ein mächtiger Überseedampfer im Wasser, allerdings ohne Schiffsschraube, Motoren und ein effektives Steuerruder. Faktisch versteht sie sich noch immer als die bestimmende Mitte des Weltdenkens und des Weltgeschehens.

Menschen spüren diese Immobilität und diesen unbewussten Selbstanspruch intuitiv, bei jedem Anblick einer Gruppe von Hierarchen, bei jeder Diskussion um Kunst, Sinnfragen oder Sexualmoral. Und ich bin davon überzeugt: viele sind schlicht und einfach deshalb weggegangen, weil diese Weltferne eine endlose Langeweile auslöst. Die Welt, ihre Fragen und möglichen Zukunftsantworten sind hier nicht zu Hause. Eines der Standardkritiken lautet in diesem Zusammenhang Sprachlosigkeit. Es ist eine Sprache, von der man nicht einmal mehr weiß, ob man sie versteht. Sie wirkt verschwommen, lässt Worthülsen zurück, kann nur noch belehren, hat jede Bodenhaftung verloren. Vielleicht liegt der Grund darin, dass sie sich wirklich nicht mehr um die Menschen kümmert, auf ihre Situationen eingeht, nicht mehr mit den Menschen redet.

Vor fünfzig, sechzig Jahren war im Gefolge von Bultmann der Begriff „Kerygma“ en vogue. Er meinte: die christliche Botschaft spricht Menschen an, trifft und bewegt sie, wirkt wie ein heißes Feuer oder ein Schwert. Sie erschöpft sich gerade nicht in inhaltlichen Mitteilungen. Das war ein autoritäres Modell, gemäß dem die Prediger sich als die sprühenden Verteiler göttlichen Feuer fühlten. Übrigens ist das auch heute noch möglich, aber nicht die Standardsituation. Die Standardsituation müsste eben der Dialog sein, die Glaubensbotschaft als Angebot, dessen Inhalt und Wirkung sich erst im Hin und Her, in Frage und Antwort, im sokratischen Hebammenprozess herausarbeitet. Wort Gottes in einem säkularisierten Kontext muss immer neu erarbeitet werden, erweist sich gerade in der Kommunikation, nicht darin, dass uns uralte Weisheiten übergestülpt werden.

Diese Überweltlichkeit vollzieht sich noch unbewusster als die besprochene Selbstfixierung. Sie hat für mich viel mit dem hohen Grad der institutionellen Etablierung von Kirche zu tun und mit der eingespielten Überzeugung, dass die Kirche in jedem Fall weitergeht: wenn nicht hier in Europa, dann eben in anderen Ländern. Die Befreiungstheologie hat uns darüber das Notwendige gesagt; der Katakombenpakt vom 16. November 1965 mit seinen 13 Selbstverpflichtungen ist für unsere gegenwärtige Situation ein Lackmustest: leben wie die Menschen um uns herum, Verzicht auf teure Kleidung und kostbare Amtsinsignien, auf Konten und reiches Mobiliar, auf besondere Titel, auf besondere Ehrung für Spenden und Wohltaten, auf gepflegten Umgang mit besseren Kreisen. Absolute Transparenz im Finanzgebaren, entschiedener Einsatz für eine wirksame Sozialpolitik, Aufbau einer international effektiven kirchlichen Sozialarbeit. Das Leben mit allen Menschen teilen, „so dass wir vom Heiligen Geist inspirierte Animateure werden, statt Chefs nach Art dieser Welt zu sein“. „Nach der Rückkehr in unsere Diözesen werden wir unseren Diözesanen diese Verpflichtungen bekanntmachen und sie darum bitten, uns durch ihr Verständnis, ihre Mitarbeit und ihr Gebet behilflich zu sein. Gott helfe uns, unseren Vorsätzen treu zu bleiben.“

Dazu ist nichts zu sagen. Es geht nicht darum, diesen Katakombenpakt einfach nachzumachen, sondern in seinem Geiste Entsprechendes zu tun und zu leben. Ich will mich hier nicht mit bloßen Vorwürfen hervortun, sondern zugleich sagen, wie beelendet ich mich fühle, wenn ich diese Worte lese und ich mich fragen muss, was meine Generation – von Einzelnen abgesehen – daraus gemacht hat. Zugleich weiß ich von vielen, die seelsorglich tätig sind, wie sehr sie sich von diesem Geist der Mitmenschlichkeit und Präsenz für die Anderen prägen ließen. Wir sollten sie in unserer Mitte ausfindig machen und ihnen in diesem Prozess eine prominente Rolle einräumen.

1.3 Flucht in die Selbstpräsentation

Lassen sie mich einen dritten Namen nennen, ein heißes Eisen, von vielen als erfolgversprechend gerühmt, von anderen als höchst zwiespältig beäugt – gerade deshalb, weil wiederum die Sache selbst mit der eigenen, das eigentliche Ziel mit dem Mittel verschmilzt. In der Zeit Johannes Pauls II. hat eine unerwartete Entwicklung eingesetzt. Die Kirche erlangte ein hohes mediales Interesse, die Weltreisen des Papstes wurden zu internationalen Medienereignissen. Rom hat schnell gelernt; jeder Medienprofi könnte heute im Vatikan fruchtbare Lehrjahre verbringen. Wie ist diese erstaunliche Entwicklung zu verstehen?

Zum einen hat diese Entwicklung mit der Säkularisierung zu tun; darauf komme ich noch einmal zurück. Die Religion wurde manchen so unbekannt, dass sie schon wieder interessant wurde. Etwas unfreundlicher gesagt: eine Generation wuchs heran, die nicht mehr ihre religiösen Neurosen überwinden musste, die sie in ihrer Jugend erworben haben. In der Tat gibt es seitdem eine neue Unbefangenheit, wenn auch eine neue Oberflächlichkeit.

Zum andern hat diese Entwicklung mit der großen Wende vom Wort zum Bild zu tun, die sich in unserer mediengeleiteten Kultur vollzieht. Die Fähigkeit, in geistiger Konzentration theoretischen Diskursen zu folgen, nähert sich dem Nullpunkt. Die Bereitschaft hingegen, sich dem Glanz, der Verführung, auch der Wahrheit von Bildern hinzugeben, ist enorm gewachsen. Wer seine Botschaft in große Bilder, in überwältigende Inszenierungen, in grandiose Aufzüge gießen kann, hat gewonnen. Die Päpste haben mit ihren Weltreisen, vor allem mit ihren Weltjugendtagen Maßstäbe der Ikonographie gesetzt. Allerdings weiß man schon lange: unabhängig vom guten Willen der Akteure ist das Medium schon lange zur Botschaft geworden. Mag der Herr sagen, was er will, schön und toll und grandios und überwältigend ist es allemal.

An diesem Punkt setzt die theologische Überlegung ein, an die die römisch-katholische Tradition anknüpfen kann. Klassischer- (und vorkonziliarer)weise versteht sich die katholische Kirche als Kirche des Sakraments mit allen Vorteilen, die damit gegeben sind: die starke Ritualisierung, dadurch die emotionale Bindung und das Gewicht der volkskirchlichen Elemente. Das sind Elemente, die einer Medienkultur in die Hand arbeiten und umgekehrt. Darauf gehe ich nicht näher ein; sie alle wissen da einiges aus Ihren Auseinandersetzungen mit der Frage des Sakraments. Allerdings greift hier noch einmal der Gesichtspunkt der Selbstfixierung einer auf sich selbst bezogenen Institution. Je mehr nämlich die reformatorische Tradition darauf bestand, dass das Wort – die Überlegung, die Differenzierung, die Frage nach Ziel, Zweck und Vermittlung – zu einem differenzierten Sakramentsverständnis führte, umso massiver hat die katholische Kirche auf dem selbstwirksamen Akt des Sakraments als solchem insistiert. Sie kennen den Automatismus: durch das Aussprechen bestimmter Worte durch eine befugte Person wird – unabhängig von allen anderen Umständen – Jesus Christus in den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig gesetzt.

Der Barock hat dieser Mentalität eine wirksame Nuance hinzugefügt, die lautet: Gezeigt wird durch das kirchliche Handeln (Gotteshäuser, Riten, Prozessionen) der Triumph der Gnade Christi. Die modernen Medien haben dem Barock gerade noch gefehlt. Jetzt lässt sich dieser Triumph in unaussprechlich perfekter Weise organisieren, inszenieren und in die ganze Welt ausstrahlen. Diesem Denken kann zur Verbreitung von Christi Gnade und Herrlichkeit nichts Besseres passieren, als wenn z.B. die Wandlungsworte dieses Einen Herrn über Millionen und Abermillionen Fernsehapparate in die ganze Welt ausgestrahlt werden, in Wohnzimmern gegenwärtig sind, wenn Gläubige und Ungläubige davon Zeugen werden. Diese naive, zugleich aber völlig undifferenzierte Haltung trifft sich perfekt mit dem Sakramentalismus von Papst Benedikt, für den Kirchesein und Christi Gegenwart in diesem sakramentalen Geschehen in eins fallen. Die Gleichung kann aber nur deshalb funktionieren, weil zwischen Kirche und der Gnade Christi kein Unterschied mehr gemacht ist. Für dieses Denken ist Christus präsent, weil eben die Kirche präsent ist, und wird der Glanz göttlicher Gnade umso offenkundiger, je mehr Brokat und Kardinalsrot, je mehr Bischofshüte und Messgewänder erscheinen, je triumphaler sich der Papst mit seinem Gefolge vom heiligen, ihn umringenden Cordon von Bischöfen, Priestern und einfachem Fußvolk abhebt. In dieser Gliederung steckt für ihn nichts Autoritäres, weil sich in dieser hohen Gliederung nur himmlische Hierarchie der Engelchöre widerspiegelt, nur mit dem einen Unterschied, dass Christus noch kein Christamobil von Mercedes fährt.

Wir müssen die gefährliche, wenn nicht gar tödliche Dialektik dieser Selbstrepräsentation sehen, die für den Augenblick die Emotionen von Menschen binden kann, sie einen Tag später aber allein zurück lässt, weil diese Bilder in keiner Weise verarbeitet, sondern von den Kontexten ihres sonstigen Alltagslebens, von ihren autoritären Erfahrungen und von ihren Triumphträumen absorbiert werden. Dann erfahren sie zugleich wieder eine Kirche ohne Triumph, eine Kirche in aller Menschlichkeit, d.h. auch Niedrigkeit und Schwäche.

II. Säkularisierung als Chance

Nun könnte man sagen: In dieser Weise hat die katholische Kirche schon immer funktioniert, und lange Zeit ist sie damit gut gefahren. Nun, sie fährt damit schon lange nicht mehr gut, denn die großen Papa-Shows führen kaum zu einer Erneuerung kirchlichen Lebens und übersehen wird, dass wir in einem tiefgreifenden epochalen Umbruch leben, der vielleicht nur mit dem zwischen Antike und Mittelalter vergleichbar ist. Gefragt ist nach dem rechten Wort in der Krise dieser Zeit. Zu sprechen wäre von dem großen Einbruch, der sich seit ca 50 Jahren anbahnt.

Ich meine den großen Vertrauenseinbruch, den die Moderne erlitten hat, die sich einer strengen Rationalität, einer konsequenten Verwissenschaftlichung und Industrialisierung verdankt. Wir sprechen meistens von der Postmoderne mit ihrer neuen Hochschätzung der Irrationalität und der Individualität, des „Anderen“.

Gesprochen werden müsste von den tiefgreifenden politischen Umbrüchen, der der Mentalität des Imperialismus und der Kolonialisierung mit ihrem Eurozentrismus ein Ende bereitete, – einem Eurozentrismus, der auf dem 2. Vatikanum noch gegenwärtig war und den Benedikt XVI. in seiner Privilegierung des Hellenismus noch hochhält.

Gesprochen werden müsste schließlich von den sozialen Verwerfungen, die sich seit dem Einbruch der neuen Globalisierungswelle ungehindert ausbreiten und dabei sind, unser gesamte Wirtschaftssystem zu ruinieren: Der Kapitalismus frisst seine Kinder.

Ich greife hier greife hier nur einen Punkt heraus, der die Gestalt von Religion und Kirche direkt berührt, aber in einer umfassenden Analyse mit den genannten Aspekten zu verkoppeln wäre. Ich spreche von der Säkularisierung.

Säkularisierung bedeutet, wie sich in den letzten Jahren zeigt, nicht einfach den Verlust, das Verdampfen von Religion und Religiosität, sondern dessen tiefgreifende Transformation. Religion verschwindet nicht. Sie verschwindet nicht einmal aus der Öffentlichkeit, wie wir bei herausragenden Ereignissen immer wieder sehen (Tod von Lady Di [1997], von Johannes Paul II. [2005] oder von Bundeswehrsoldaten, Amoklauf in Erfurt [2002], Katastrophe von Duisburg [2010]). Aber Religion und Religiosität wandeln sich so sehr, dass die klassischen religiösen Agenturen diesem Wandel nicht mehr nachzukommen scheinen. Es ist ein Umbruch, so meine These, der die klassischen Religionen, etwa die katholische Kirche, genau an den Schwachstellen ihre Selbstbezogenheit, ihres überweltlichen Anspruchs und ihrer Selbstdarstellung trifft.

2.1 Entlarvung religiöser Formen

Der Begriff „Entlarvung“ ist hier keineswegs negativ besetzt. Kein menschliches Individuum und kein religiöser Vollzug bestehen in sich, klar, sozusagen unvermittelt und nackt. Zur Person gehört immer ein Gesicht, in dem sie sich zeigt, gehören in unseren Breiten die Kleider (die, wie bekannt, Leute machen). Das gilt auch für Religiosität und die christliche Religion. Christliche Religion lebt wie andere Religionen von einem unheimlich dichten und komplizierten Geflecht von Praktiken, Gesten, Riten, Symbolen, Vorstellungen, Interpretationen und Lehren. Wir tun uns mit diesem Sachverhalt besonders schwer, weil unsere griechische und zugleich römische Herkunft uns solche Gedanken lange verboten hat. Wir wussten uns von der reinen, absoluten Wahrheit geführt. Die Kirche hat sie – getreu bis in den letzten Buchstaben geschützt: „Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt, …der wird im Himmelreich der Kleinste sein.“ (Mt 5,19) Sind wir nicht einem hoffnungslosen Relativismus ausgeliefert? Wir sind in der Tat fundamentalen Umorientierungen ausgeliefert. Deshalb gehört es heute zu den vornehmsten Aufgaben der Kirche, der Zeit eine Nase voraus zu sein und ich meine: Mit der Bibel in der Hand, mit der jesuanischen Praxis vor allem, können wir Suchenden immer eine Nase voraus sein.

Wir werden dann spüren: Die vielen Entlarvungen (die mit Religionskritik, Theologie- und Kirchenkritik schon im 19. Jahrhundert begonnen haben), haben uns gut getan. Viele Formen des Atheismus haben uns zu besseren Gottesbildern geführt. Der Verlust eines garantierten politischen und gesellschaftlichen Einflusses hat der Glaubwürdigkeit von Kirche und christlicher Botschaft in der Regel genützt. Dasselbe gilt für die innerkirchliche und innertheologische Kritik, etwa durch die historisch-kritische Exegese, die Benedikt XVI. so verabscheut und geißelt, wo er nur kann.

Wer heute einen Dialog offen angeht, kann dies ohne Angst tun. Bislang habe ich – jedenfalls in meiner persönlichen Biographie – noch keine Situation erlebt, in der ernst gemeinte Kritik der Sache des Glaubens nicht zugutegekommen wäre. Wir selbst können die Reichweite und die Radikalität solcher Entlarvungsprozesse nie voraussehen; die Geschichte erlaubt uns nur so weit zu sehen, als es ihre Umstände erlauben. Nur, oft sind es gerade andere, vielleicht weniger Geschulte und weniger Betriebsblinde, die diese neuen Blicke entdecken. So bleibt auch hier nur zu sagen: Sobald Fragen auftauchen, sollten wir nachfragen, reden, erspüren, oft auch unseren Intuitionen folgen, die von der Sympathie zu anderen Menschen getragen sind.

Daraus folgt auch nicht, dass alle religiösen Formen einfach zusammenbrechen, auch nicht, dass die Gottesrede im Unsagbaren zusammenbricht, auch nicht, dass am Schluss nur noch eine Mystik der absoluten Innerlichkeit übrig bleibt. Nein, solange wir Menschen handeln, zusammenleben, miteinander kommunizieren und uns über den Gang des Lebens bis hinein in unsere letzten Ängste und Hoffnungen verständigen – so lange werden auch religiöse Formen immer wieder ihre Bedeutung haben.

2.2 Elementarisierung religiösen Verhaltens

Allerdings möchte ich einen zweiten Gesichtspunkt hinzufügen.Wir sind Erbinnen und Erben einer hoch entwickelten und hoch komplizierten religiösen Kultur. In sie sind vielfältige jüdische, viele griechisch-hellenistische, römische, germanische, schließlich neuzeitliche Elemente eingegangen. Die ständige Konkurrenz mit der reformatorischen Tradition hat ein Übriges getan. Ich habe den Eindruck, dass dieses hoch komplizierte Gefüge von Kulturelementen auseinander bricht. Ich spreche deshalb von einer Elementarisierung des religiösen Verhaltens. Man kann diese Elementarisierung auch in der religiösen Jugendkultur beobachten. Das beginnt mit dem eingängigen Gesang und der eindringlichen Einzelgeste (man erhebt die Hände, man ruft einfache Worte), mit der Neuentdeckung der Ekstase und dem einfachen Kniefall, mit dem Tanz, dem Schrei, in jedem Fall mit einem wachsenden Unverständnis komplexer Abfolgen und Zusammenhänge.

Wir machen gerade in kirchenreformerischen Gruppen die schmerzliche Erfahrung, dass junge Menschen fern bleiben. Ich fürchte, dass wir den Mut zu dieser Elementarisierung noch nicht verstanden haben. Einen Aspekt möchte ich noch hinzufügen. Mit dieser Elementarisierung hängt dies zusammen: Wir sind oft mit einer Rekonstruktion von Religion und Religiosität konfrontiert, die „vor“ dem Bekenntnis zu Jesus Christus und die „vor“ einer biblischen Basis beginnt. Der Erfurter Weihbischof Hauke ist m.W. die einzige prominente Person, die dieses Problem anpackt. Mit größtem Erfolg organisiert er religiöse „Jugendweihen“, religiöse, aber vor-christliche „Kinderweihen“, Gottesdienste zum Totengedenken. Kurz, er nimmt die religiösen Bedürfnisse von Menschen auf einer ganz elementaren Stufe ernst – und erntet bei den Betroffenen große Dankbarkeit. Die Schwelle in eine christlich normierte und integrierte Glaubensgemeinschaft wäre ihnen viel zu hoch gewesen.

2.3 Reich Gottes als biblisches Leitmodell

Macht das im Rahmen einer christlichen Glaubensgemeinschaft alles Sinn? Im Zusammenhang der Missbrauchsaffären wurde ich um einen Beitrag zur Rolle der Kinder im Neuen Testament gebeten und mir ging bei der Vorbereitung etwas auf, das ich schon lange hätte wissen müssen. Genauer gesagt: formal wusste ich es, aber der Groschen war noch nicht gefallen. Wir kennen alle die schönen Stellen von Matthäus 18 und 19 über die Kinder: „Wer eines von diesen Kleinen zum Bösen verführt …“ (18,6), oder „Lasst die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht. Denn Menschen wie ihnen gehört das Himmelreich.“ (19,14) In der Regel übersehen wir die kirchenkritische Spitze dieser Stellen. In diesen Kapiteln geht es um innerkirchliche Probleme, etwa den Rangstreit der Jünger, die Verantwortung für die Geschwister im Glauben, um Vergebung, um Reichtum und Nachfolge. Hier lässt Matthäus Jesus nicht im Namen der Nachfolge, der Jüngergemeinschaft gar der Kirche auftreten, sondern im Namen des Reiches Gottes. Das Reich Gottes fungiert im Neuen Testament als die große Gegenmetapher zu einer selbstbezogenen Glaubensgemeinschaft. Angekündigt ist Gottes Reich, eben nicht die Kirche. Wir sind ermächtigt zu einem vorbehaltlosen Beginn, nicht weil eine Kirchengemeinschaft dies erlaubt, sondern weil das Reich nahegekommen ist.

Zudem gibt es Hinweise, die es uns erlauben, selbst mit Paulus, dem großen Gründer der christlichen Kirche, durchaus kritisch umzugehen. Wenn wir Meinrad Limbeck und anderen Exegeten glauben dürfen, liegt der kritische Punkt des Verhältnisses zwischen Jesus und Johannes dem Täufer an folgendem Punkt:
– In guter biblischer Tradition ging Johannes davon aus, dass vor allem Reichbeginn der Zorn Gottes über die Bosheit der Menschen noch zu besänftigen und zu sühnen sei; die große Abrechnung muss deshalb beginnen. Der Schlangenbrut ist jetzt ein Ende zu machen: „Die Axt ist schon an die Wurzeln der Bäume gelegt“ (Mt 3.10).
– Ganz unerwartet trennt sich Jesus nach seiner Tauferfahrung von Johannes, und ganz anders als seine Lehrer erklärt er, das Himmelreich könne hier und jetzt beginnen, es sei nahe, weil und sofern Menschen damit eben beginnen (Mt 4,17). So spielt zwar der Solidaritätsgedanke bei ihm eine große Rolle, aber der Sühnegedanke ist bei ihm, in der Bergpredigt, im Vaterunser und in den Gleichnissen völlig verblasst.

Es verwundert nicht, wenn manche Exegeten Paulus doch wieder einen Rückfall in vorjesuanisches Denken vorhalten, weil bei ihm Gottes Zorn und der Sühnegedanke wieder eine zentrale Bedeutung erhalten. Solche Einsichten relativieren das traditionelle christliche Gebäude von Sühne und Erlösung, von christlicher Heilsvermittlung und von der Heilsfunktion des Christentums und anderer Religionen fundamental. Vielleicht sind wir doch nicht so wichtig, wie wir uns vorkommen. Unserem Dialogvorhaben tut es jedenfalls gut, wenn es sich von der kirchlichen Selbstverliebtheit nachdrücklich löst.

III. Dialog und Dialogprozess

Ziehen wir einige Folgerungen zu Dialog und Dialogprozess, denn sein Erfolg und seine Glaubwürdigkeit, schließlich die Wiedergewinnung des verlorenen Vertrauens hängen von den konkreten Bedingungen ab, unter denen sich der Dialogprozess entfalten und in der Gemeinschaft der Diözese durchsetzen kann.

These 1:
Ein Dialog verdient diesen Namen nur, wenn der vorbehaltlos geführt wird. Der initiierte Dialogprozess muss deshalb in Themenwahl und Ergebnisfindung autonom sein.

Das Grundsatzpapier sagt: „Dialog ist nicht zuerst eine Methode, sondern eine Haltung.“ Den Initiatoren des Dialogprozesses ist vermutlich nicht bewusst, wie sehr sie sich mit ihrem Projekt auf urreformatorischen Boden begeben. Indirekt erkennen sie an: Der Sakramentalismus, der gegenwärtig in der katholischen Kirche propagiert wird, ist angesichts der gegenwärtigen Existenzkrise nicht fähig, seine eigenen Grundlagenfragen zu lösen. Dazu bedarf es in doppelter Weise des Wortes:
(a) Es bedarf der klärenden Rede, die im Hin und Wider die Menschen zum Sprechen, zum Nachdenken, zur Selbsterkenntnis, zur Wahrheit der Gegenwart und zu sich selbst bringt.
(b) Es bedarf der Rückfrage an die eigenen Grundlagen, die es uns ermöglichen, die Wahrheit des christlichen Glaubens im Blick auf die Gegenwart zur Sprache zu bringen.

Nur wenn diese beiden Netze – gegenwärtige Wahrheitserkenntnis und offene Erinnerung – funktionieren und ineinandergreifen, können biblische und menschliche Wahrheit einander finden. Deshalb ist es unabdingbar, dass wir diesen Dialogprozess als neue Offenheit zum WORT der christlichen Botschaft begreifen.

These 2:
Ein Dialog muss frei geführt werden, andernfalls führt er zu Instrumentalisierungen und zu Frustrationen.

Das Grundsatzpapier sagt: „Alle getauften und gefirmten katholischen Christen sind Akteur/innen des Dialogprozesses.“ Diese These ist einfacher formuliert als realisiert, denn natürlich lassen sich die organisatorischen und strukturellen Zwänge einer sinnvollen Dialogführung nicht ignorieren. Zu Recht spricht das Rottenburger Grundsatzpapier nachdrücklich von einzuhaltenden Methoden.

Dennoch: Die Fruchtbarkeit und das Engagement bei diesem Prozess (der in Deutschland manche frustrierende Vorläufer kennt) hängen davon ab, ob es wirklich gelingt, diese innere Freiheit der Akteurinnen und Akteure durchzuhalten. Deshalb ist von Anfang an leidenschaftlich auf diesem Geist der Freiheit ohne alle Entfremdung zu bestehen. Nur wenn dieser Geist der Freiheit in unerwarteten Erkenntnissen und Beschlüssen erfahrbar wird, kann der Dialogprozess zum erwarteten neuen Vertrauen führen.

Man könnte auch sagen: Jeder Dialog fängt unten an und wird an der Basis geführt. Die Mannheimer Eröffnungsveranstaltung hat den Eindruck erweckt, als führten die Delegierten einen Dialog mit der Hierarchie. Diese Sicht der Dinge stellt die wahren Verhältnisse auf den Kopf. Wenn schon, dann haben die Hierarchen endlich einen Dialog mit der Basis zu führen, den sie jahrzehntelang verweigert haben, also auf den Geist der Gemeinden zu hören.

Die Bischöfe sind Sachwalter ihrer Diözesen, nicht umgekehrt. Deshalb ist die Festsetzung des Grundsatzpapiers problematisch: „Auftraggeber des Prozesses“ sei „der Bischof. Er verantwortet und leitet den Prozess.“ Der Bischof ist nicht Auftraggeber dieses Dialogs, denn es findet kein Dialog im Auftrag des Bischofs statt. Gemäß seiner Aufgabe ist der Bischof allenfalls Koordinator und Beschützer des Dialogs. Er hat kein Recht, Dialoge zu verhindern und die Garantie dafür zu übernehmen, dass der initiierte Prozess in Ablauf und Konsequenzen ernstgenommen und nicht beschädigt wird. Es ist unabdingbar, dass dieser Dialog im Geiste der Freiheit der Kinder Gottes, also in christlichem Freimut (2 Kor 3,12) geführt wird.

These 3:
Der initiierte Dialogprozess sollte anknüpfen an den Dialogangeboten und -ergebnissen, die bisher von den reformorientierten Gruppen vorangetrieben wurden.

Das Grundsatzpapier ordnet den jetzt initiierten Gesprächsprozess nicht in die vielen Dialoge und Gesprächsangebote ein, die bislang vor allem in reformorientierten Gruppen vorangetrieben und erarbeitet wurden. Dieses Versäumnis schwächt den Dialogbeginn, denn ein lebendiger Dialog beginnt weder am Nullpunkt noch dient er einfach als Reparaturwerkstatt des erfahrenen Glaubwürdigkeitsverlusts. Für eine fruchtbare Einordnung des Prozesses in die gegenwärtige Kirchen- und Gemeindewirklichkeit kann der aktuelle Problemstand nicht ignoriert werden. Die Absicht des Grundsatzpapiers, die „verbindliche Umsetzung bereits realisierbarer Erneuerungsschritte – auch schon während des Prozesses“ einzuleiten, ist auszuweiten auf die Umsetzung bereits diskutierter und weithin akzeptierter Erneuerungsschritte, die einer breiten Diskussion nicht mehr bedürfen. In jedem Fall muss sich der Dialogprozess ernsthaft mit dieser Forderung auseinandersetzen.

Zu diesen Ergebnissen gehören Minimalforderungen, deren theologische Legitimität unbestreitbar und deren unmittelbare Umsetzung realistisch ist. Sie gereicht der Kirche nicht zum Schaden, sondern erhöht deren Glaubwürdigkeit und Überlebenskraft. Sobald diese Forderungen verwirklicht sind, kann sich die Römisch-katholische Kirche den eigentlichen Fragen der Gegenwart öffnen. Wie Paulus entschlossen den Übergang der christlichen Botschaft in die hellenistische Kultur vorangetrieben hat, ist heute der Übergang in eine Kultur voranzutreiben, die ganz neue Herausforderungen der Säkularisierung, der Globalisierung und der interreligiösen Begegnungen zu bewältigen hat.

These 4:
Der initiierte Dialogprozess kann nicht absehen von den neuen Entwicklungen einer von der Schrift und vom zeitgenössischen Wissensstand inspirierten Theologie.

Unter den besonderen Akteuren des initiierten Dialogs wird die Katholisch-theologische Fakultät der Universität Tübingen genannt. Sie sollte stellvertretend stehen für die neuen nachkonziliaren und vom Konzil geleiteten Entwicklungen der Theologie. Zugleich sollte sie dafür Sorge tragen, dass der humanwissenschaftlich relevante Wissensstand anderer Wissenschaften angemessen berücksichtigt wird.

Diese Hinweise sind besonders wichtig, weil im Augenblick die Theologie selbst nicht so geschlossen agiert, dass sich ihre Positionen einfach abrufen und auf kirchliches bzw. christliches Handeln übertragen ließen. Insbesondere ist das vorherrschende hierarchische Selbstverständnis auf seine theologische und biblische Begründbarkeit hin zu befragen. Dies könnte der heikelste Punkt des gesamten Gesprächsprozesses werden. Wenn er sich lösen lässt, lassen sich auch die Spannungen zwischen lokalen und gesamtkirchlichen Positionen bzw. Interessen lösen.

Die damit verbundenen Gespräche könnten zum Test für die Frage werden, wie ernst die Botschaft der Schrift für die Erneuerung der Kirche genommen wird. Wenn sie sich nicht befriedigend lösen lässt, wird der Prozess insgesamt scheitern.

These 5:
So wie der Dialog nur als autonomer Prozess denkbar ist, muss der initiierte Dialog aus sich heraus seine eigene Verbindlichkeit entwickeln. Diese kann ihm unter keinen Bedingungen verweigert werden.

Vielfältige inhaltliche Vorgaben machen den gesamtdeutschen Gesprächsprozess von der lehramtlichen Zustimmung der Bischöfe abhängig. Im Faltblatt zum Prozess der Diözese heißt es etwas vorsichtiger, aber deutlich genug, keine Fragen sollten „von vornherein ausgeschlossen werden. Auch wenn jeder weiß, dass es vom kirchlichen Lehramt geklärte Positionen gibt, die nicht einfach zur Disposition gestellt werden können. Wir sind ja hineingestellt in den großen Zusammenhang der lebendigen Überlieferung des Glaubens in unserer katholischen Kirche. Wo auf Ebene der Ortskirche Erneuerung stattfinden kann, werde ich diese angehen. Was nicht auf der Ebene der Ortskirche möglich ist, möchte ich zur Besprechung in die Bischofskonferenz mitnehmen.“

An diesem Punkt wäre eine theologische Reflexion erforderlich, die den autoritären und rationalistischen, zur Interpretation unfähigen Charakter der offiziell geschützten katholischen Theologie durchschaut. Hier sind Konflikte oder Halbierungen der Gesprächsidee zu erwarten. Allerdings übersieht das „Lehramt“, dass es seine Lehrfunktionen nur in subsidiärer Funktion zur Gesamtgemeinde wahrnimmt. Sie steht in der „apostolischen Sukzession“ in dem Maße, als die Gemeinde insgesamt in dieser steht. Zunächst tragen nicht die Bischöfe, sondern die Kirche als ganze den Ehrentitel der Apostolizität; die dem Petrus in Mt 16,18 übertragene Binde- und Lösegewalt wird zwei Kapitel später der Gemeinde als ganzer übergeben. Leider wird dieser unausweichliche Konfliktpunkt von den Gesprächsplanungen nicht ins Auge gefasst. Dieser Konflikt mag auch der Grund dafür sein, dass Papst Benedikt bei seinem Deutschlandbesuch – trotz genauester Informationen – den Gesprächsprozess in keine Weise erwähnte.

IV. Das WORT ergreifen

Realistisch gesehen wird der Gesprächsprozess in seiner geplanten Form zu keinen förderlichen Resultaten führen. Dennoch wäre es der Mühe wert, wenn sich Gemeinden und Verbände mit hoher Intensität an dem Prozess beteiligten. Denn wie die Entwicklung der nachkonziliaren Jahre zeigt, haben die Gemeinden – gerade wegen ihrer wachsenden Schriftkenntnis und ihrer Gesprächskultur – qualitativ eine neue Stufe erreicht; sie sind – sofern ein Globalurteil erlaubt ist – zu mündigen, zu rede- und argumentationsfähigen, zu schriftkundigen Christen geworden. Es besteht die Chance, diese Mündigkeit erneut zu erproben, zu vertiefen und einem Test zu unterziehen. Zum Abschluss dazu drei Gesichtspunkte:

4.1 Das Wort als Kommunikationsform der Kirche

Gemeinschaften haben viele Formen der Kommunikation entwickelt. Zu Beginn sind es Zeichen und Gesten, Geben und Nehmen, Tausch, Drohung und Versprechen. In Staaten sind es Befehl und Widerstand, Strafe und Belohnung, gesprochenes und allgemein gültiges Recht. Immer dient das Wort dazu, Gemeinschaften zu erhalten. Die Religionen und Philosophien haben das Wort in einer höheren Stufe erhoben. In ihnen geht es um Wahrheit, d.h. um Weltdeutung, um Zusagen zur Frage, wer wir sind, woher wir kommen, wohin wir gehen, wer uns hilft, worum es letztlich geht.

Auf dieser Ebene und in diesem Zusammenhang hat die christliche Tradition, haben die Kirchen ihre eigene Wortkultur entwickelt. Der Beginn des Johannesevangeliums („Im Anfang war das Wort“) hat darin eine außerordentlich wichtige Funktion. Ich habe in den sechziger Jahren, also in einer Zeit studiert, in der die evangelische Theologie eine einzigartige Worttheologie ausgebildet hat und die sich – leider – seit den 68ern nicht mehr weiter entwickelte. Es war dieser Theologie klar, dass das Wort die eigentliche Kommunikationsform des Glaubens ist. Die Kirche ist ein Geschöpf des Wortes und das Wort ist fähig, Konflikte und Auseinandersetzungen gewaltlos in gegenseitigem Frieden zu regeln. Konzilien waren und sind gewaltige Unternehmungen, um die gegenseitigen Vorwürfe, Fragen und Anliegen gewaltfrei und zum gegenseitigen Nutzen zu regeln.

Es fällt deshalb auf, dass autoritäre Strukturen – in und außerhalb der Kirche – das Wort immer fürchteten und die Furcht vor dem freien, offenen Wort in der Kirche nach wie vor groß ist. Die Kirche ist deshalb das einzige legitime und wirksame Mittel, Störungen des Friedens, der Gemeinsamkeit und des gegenseitigen Einverständnisses in kirchlichen Gemeinschaften zu lösen. Schon deshalb lohnt es sich, Gesprächskulturen zu stärken und sich in das offene Wort (parresia) einzuüben. Nach meiner Erfahrung öffnen sich auch viele Kirchenleitungen den Fragen und Problemen, über die in der Zeit ihrer Jugend und ihres Studiums offen und engagiert gesprochen wurde. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass sogar die Institution des Papsttums mit seinen traditionellen Ansprüchen die längste Zeit existierte bzw. akzeptiert wurde. Wer Glauben vermitteln will, kann dies nicht tun ohne Hilfe des Wortes, der Deutung und Interpretation und des gemeinschaftsstiftenden Wortes.

4.2. Vom gesprochenen zum realisierten Wort

Allerdings ist eine Präzisierung hinzuzufügen, denn wir kommen aus einer hoch rationalisierten Kultur, die das Wort zum Informationsträger trainiert, aber auch verengt hat. Wenn die Theologie etwas umständlich immer darauf hinweist, die Offenbarung Gottes sei als dessen „Selbstmitteilung“ zu verstehen (früher galt Offenbarung schlicht als Mitteilung bestimmter göttlicher oder nur Gott bekannter Inhalte), dann will sie etwas zum Ausdruck bringen, das in der Linguistik heute eigentlich selbstverständlich ist. In erster Linie teilen Sprachen und Worte nicht bestimmte objektivierbare Inhalte mit, sondern sie sind lebendige Handlungen; Wort ist zunächst Praxis. Nur haben wir die fatale Fähigkeit, Worten diese inhärente Lebensnähe zu entziehen. Wir können lügen, zum Spaß etwas Inhaltsleeres daher sagen oder eben objektive Informationen weitergeben, aus der Performance eine Information herausdestillieren.

Deshalb ist für den religiösen Sprachraum die Erkenntnis unabdingbar, dass das Wort dort Leben weitergibt, verspricht und Zusagen macht, Liebe oder Hoffnung zum Ausdruck bringt, Leiden und Verzweiflung hinausschreit oder auch tiefste Überzeugung weitergibt, aus denen man selbst lebt. Um dieses Wort im vollen, performativen Sinn des Wortes geht es. Erst in diesem lebensnahen, von Leben, von Angst und Hoffnung, von prophetischem Anspruch und von Gesellschaftswillen getränkten Zusammenhang wird es möglich, das Wort zur Metapher Gottes zu machen. Wer also im religiösen Raum spricht, tut gut daran (sofern er das Göttliche nicht beleidigen will), hinter seinem Wort zu stehen, also dafür zu sorgen, dass er selbst in seinem Wort gegenwärtig ist, sich selbst im Wort verpfändet, denn Menschen spüren, ob dies der Fall ist. In diesem Zusammenhang werden die Inhalte sekundär, denn die metaphorischen oder symbolischen Bezüge, die Verweise auf unaussprechliche Geheimnisse des Lebens oder Gottes erklären sich aus sich selbst.

Wir sollten im Gesprächsprozess darauf achten, dass wir unsere Worte nicht zu technischen, objektiven, rein informativen Worten verkürzen. Glaubwürdig ist nur eine Kirche, die den Mut zur Worthandlung aufbringt und hat. Menschen nehmen eine jede Person ernst, die – mit ihrem Leben – hinter ihren Worten steht.

Leider verkommt das rituelle Wort oft zum gesagten, zum nichtssagenden Wort. Deshalb hängt viel davon ab, ob wir dieses rituelle Wort mit unserem eigenen Leben füllen, zum performativen Geschehen machen, wie es ja im sakramentalen Wort der Fall sein soll. Aus dieser Erfahrung heraus ist heute die Grenzziehung zwischen dem amtlich gesprochenen und dem nicht amtlich gesprochenen Wort des Abendmahls unscharf geworden.

4.3 Das Wort als Gegenwartsform Gottes

Grundsätzlich gilt für die christliche Tradition eine Fundamentalentscheidung: Das in der Schrift niedergelegt Wort gilt als das verbindliche Wort, das in Konflikten entscheidet, in der Not rettet, die Wege zu Verderben und Rettung definiert. Luther hat es – in einer Zeit kirchlicher Krise – machtvoll in die Waagschale geworfen. Man sage nicht, die katholische Kirche nehme die Schrift nicht ernst. Über bislang 1900/1950 Jahre hat sie dafür gesorgt, dass die Schrift treu überliefert wurde.

Das Problem liegt darin, dass die katholische Tradition diesen Schritt an kritischen Punkten entschärft, zu Gunsten ihrer eigenen Überzeugungen vernachlässig. An diesem Punkt ist Lern- und Nachholbedarf. Am Grad, wie die katholische Kirche in den kommenden Jahren die Schrift ernst nimmt, zeigt sich, ob und wie sie den aktuellen Herausforderungen standhält. Also werden wir um der Kirche, nicht um unserer eigenen Ideen willen nachhaltig dafür kämpfen können, dass das Wort der Schrift nicht als Schrift der Kirche domestiziert, sondern als Wort Gottes neu ernstgenommen wird.

George Orwell schrieb einmal: „Die Wahrheit zuzeiten des Universalbetruges zu sagen, ist eine revolutionäre Tat.“ Ich denke dabei nicht an die Kirche, sondern an unsere Gegenwart. Die Versuchung der Kirche ist nicht der Universalbetrug, wohl aber die Universalbeschwichtigung. Da es aber im Glauben um alles geht, kommt diese Beschwichtigen dem Betrug oft sehr nahe.


Thesen zum Dialog und Dialogprozess

These 1:
Ein Dialog verdient diesen Namen nur, wenn er vorbehaltlos geführt wird. Der initiierte Dialogprozess muss deshalb in Themenwahl und Ergebnisfindung autonom sein.

These 2:
Ein Dialog muss frei geführt werden, andernfalls führt er zu Instrumentalisierungen und Frustrationen.

These 3:
Der initiierte Dialogprozess sollte anknüpfen an den Dialogangeboten und Dialogergebnissen, die bisher von den reformorientierten Gruppen vorangetrieben wurden.

These 4:
Der initiierte Dialogprozess kann nicht absehen von den neuen Entwicklungen einer von der Schrift und vom zeitgenössischen Wissensstand inspirierten Theologie.

These 5:
So wie der Dialog nur als autonomer Prozess denkbar ist, muss der initiierte Dialog aus sich heraus seine eigene Verbindlichkeit entwickeln. Diese kann ihm unter keinen Bedingungen verweigert werden.

(Vortrag, 14.11.2011)

 

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