Die einen nennen die Erbsünde eine Lachnummer, die anderen verharmlosen sie zum „kollektiven Unheilszusammenhang“, in dem wir doch alle leben (Joachim Negel in Publik-Forum 16/2022). Das ist unbestritten und es gibt genügend Grund, sich aus christlicher Perspektive intensiv damit zu beschäftigen. Doch es wird endlich auch Zeit, die destruktiven und traumatisierenden Anteile des Erbsündendogmas zu entdecken und entschieden zurückzuweisen. Nur so lässt sich die aktuelle Kirchenkrise nachhaltig überwinden. Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Priester
Orientierungsloser Orientierungstext. Ein Zwischenruf zum Synodalen Weg
Wem gehört diese Kirche?
Ist es die Kirche der Kardinäle und Bischöfe?
Nein, sie gehört uns Menschen!
Und es wird Zeit, dass wir sie in Besitz nehmen!
(Maria Mesrian und Lisa Kötter, in: Entmachtet diese Kirche, 2022)
Die Initiatoren des Synodalen Wegs (SW) haben sich viel vorgenommen. Voller Mut steckten sie die Hoffnungen so hoch, wie tief in Deutschland die römisch-katholische Kirche gesunken ist. Das Projekt soll der katholischen Kirche eine neue Zukunft eröffnen, indem es die Fragen aufarbeitet, die sich aus den Missbrauchsskandalen ergeben.
Im Dezember 2019 begann die offizielle Arbeit, nach zwei Jahren sollte sie vollendet sein. Doch die Pandemie verzögerte den Fortgang. Das hat die Arbeit nicht erleichtert und den Eindruck des Stillstands verstärkt, denn noch immer folgt eine Schreckensmeldung nach der anderen. Jedes Gutachten, jeder spektakuläre, angebotene oder vollzogene Rück- und Austritt, jedes bischöfliche Fehlverhalten, jeder dramatische Hilferuf und jeder Suizid löst neue Schockwellen aus. Dabei sprach Kardinal Marx im vergangenen April noch leichtfüßig von „Rezepten“, die einen Ausweg bringen sollen. Diese Wortwahl zeigt, dass man immer noch in Kategorien von verzeihlichem Fehlverhalten denkt. Wann endlich werden die Verbrechen ernstgenommen und die Reformschritte konkret? Weiterlesen
Trauma – Konstruktionsprinzip einer zeitgemäßen Theologie. Zu einem bahnbrechenden Buch von Michael Pflaum
Als systematischer Theologe beschäftige ich mich intensiv mit Kirchenbildern und Kirchenreform; dabei gehe ich gerne theologiegeschichtlichen, hermeneutischen und ideologiekritischen Fragen nach. Seit 2010 ist das kein langweiliges Geschäft mehr, denn im deutschen Katholizismus wurden unversehens die unsäglichen Verbrechen von Missbrauch und deren Vertuschung auf breiter Front präsent, während die Bischöfe und Insider schon seit 1995, spätestens 2001/02 über den weltweiten Sumpf der Skandale informiert waren. Weiterlesen
Verdrängte Blockaden der katholischen Kirche
Was die katholische Kirche noch immer verdrängt
I. HANS KÜNGS ERBE
Am 6. April 2021, heute also vor einer Woche ist Hans Küng verstorben. War er Kirchenkritiker? Großer Theologe? Streitbarer Geist? Rastloser Sucher? Alle diese Etiketten greifen zu kurz. Hans Küng war ein Multitalent und glänzender Kommunikator, in der Gregoriana mit einem universalen Wissenskanon ausgebildet. Allerdings war ihm klar: Sämtliche Wissenssysteme waren im Umbruch, auch deren theologische Durchdringung war neu zu leisten. Mit ungeheurer Energie und einer glühenden Leidenschaft wollte er die neuen Grenzen ausloten. Weiterlesen
Ist Gott wirklich Mensch geworden?
Theologische Nach(t)gedanken zum Weihnachtsfest
Seit Jahrhunderten wird Weihnachten in unserem Kulturraum als ein reiches und vieldimensionales Fest erfahren. Sie wirkte als eine enorm fruchtbare Geburtsstätte von Sitte und Brauchtum. Kein anderer Tag hat im Christentum so viel Volksnähe erreicht und so bewegende Emotionen geprägt. Das spricht für das Fest, setzt es aber auch zahllosen Verfremdungen, Missverständnissen und Banalisierungen aus. Weiterlesen
Eine unappetitliche Geschichte Zum Konflikt eines afrikanischen Priesters mit deutschen katholischen Behörden.
Woche um Woche häufen sich in der katholischen Kirche Berichte über sexuelle Verfehlungen und Vertuschungen. Täter sind Priester, Bischöfe und Kardinäle, eingeschlossen die beiden letzten Päpste. Dabei schockieren auch die Schandtaten höchster Repräsentanten nicht mehr, angefangen vom Wiener Kardinal Groër (1995 zurückgetreten) bis hin zu seinem Kardinalskollegen in Washington McCarrick (2019 laisiert). Was uns aktuell in Atem hält, ist die Unfähigkeit von deutschen Bischöfen, offen zu ihren Verfehlungen zu stehen, ihr Versagen zuzugeben und gegebenenfalls ihren Rücktritt anzubieten, was sie dies in vergleichbaren Fällen von Politikern selbstverständlich erwarten würden. Vor wenigen Tagen ließ der Kölner Kardinal Woelki ein ihm unangenehmes Gutachten in seinen Büros verschwinden. Daniel Deckers sprach von einem „ruchlosen Kardinal“, der Jesuit B. Hagenkord im Blick auf den jüngsten Skandalreport über McCarrick von einer „Kleriker-unter-sich-Haltung“; Wir sind Kirche schließlich prangerte neben der sexuellen auch die geistliche Gewalt an, die offensichtlich immer noch zum Alltag bischöflicher Behörden und von vielen Ordensleitungen gehört; Doris Reisinger hat sie ausführlich analysiert. Weiterlesen
Widerspruch ja, aber wogegen? Die römische Instruktion fordert eine „pastorale Umkehr der Pfarreien“
Unerwartet hat die römische Instruktion zur „pastoralen Bekehrung“ (29.06.2020) viele Bischöfe und die Reformkräfte im Widerspruch vereint. Diese römische Pfarrei-Instruktion hat zu einer breiten Protestwelle geführt. Dass Reformgruppen ihren Widerspruch einlegten, war zu erwarten. Neu war, dass sich 14 von den 27 deutschen Diözesanbischöfen dem Widerspruch anschlossen. Weiterlesen
„Da gilt weder Mann noch Frau“ – Zum Ausschluss der Frauen aus den kirchlichen Kernfunktionen
Bei seinem Reformvorhaben lässt sich der Synodale Weg (SW) von vier Kernfragen leiten lassen. Er debattiert über Art und Verteilung kirchlicher Macht, die angemessene Lebensform der Priester, ein Leben in gelingenden Beziehungen sowie über FRAUEN IN DIENSTEN UND ÄMTERN IN DER KIRCHE. Es ist gut, dass das letzte, beinahe vergessene Thema noch hinzugefügt wurde, denn es signalisiert kein bloßes Zusatzproblem. Es verleiblicht sich prominent in der Machtfrage, prägt das Grundverständnis der priesterlichen Existenz massiv mit und unterwirft die Frage gelingender Beziehungen einem unverzichtbaren Wirklichkeitstest. Schließlich kulminiert es aktuell in der viele bewegenden Frage: Warum, in Gottes Namen, soll den Frauen der Zugang zu den zentralen kirchlichen Ämtern nicht nur verboten, sondern auch prinzipiell unmöglich sein? Weiterlesen
Was ist Klerikalismus?
Der Kampfbegriff „Klerikalismus“ wurde im 19. Jahrhundert im Streit um das Verhältnis von Staat und Kirche geprägt. Er zielte auf die öffentlichen Macht- und Rechtsansprüche kirchlicher Institutionen, die von den Klerikern vorgetragen wurden. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Begriff auf innerkirchliche Verhältnisse ausgeweitet. In diesem Fall zielt er auf die kritisierte Vorherrschaft von Klerikern gegenüber den Nichtklerikern, die im Kirchenrecht noch immer „Laien“ genannt werden. Weiterlesen
Visionen im Widerspruch – Die falschen Folgerungen aus einem guten Ansatz
Selten prallten Anerkennung und Enttäuschung in einem päpstlichen Dokument so eng aufeinander wie in diesem Brief, der die Amazonas-Synode vom Oktober 2019 endgültig abschließt. Er entfaltet eine soziale, kulturelle und ökologische Invasion und zieht daraus Konsequenzen für eine amazonische Kirche. Dort aber kommen ein Priester- und ein Frauenbild zur Geltung, die den vorhergehenden Idealen Hohn sprechen. In Deutschland reagieren engagierte Katholikinnen unterschiedlich: Sie kämpfen unverdrossen weiter, gehen erst recht ihren eigenen Weg oder verlassen die römisch-katholische Kirche. Weiterlesen
Pflichtzölibat und Priestertum – Ein Rettungsversuch aus den Vatikanischen Gärten
Am 15. Januar 2020 erreichte uns aus den Vatikanischen Gärten ein Text zur Aufrechterhaltung des Pflichtzölibats und er sorgte für reichliche Diskussion. Geschrieben wurde er vom schweigenden und gehorsamen Mönch, der sich dort niederließ, um für die Kirche zu beten und „beim Kreuz Christi“ zu bleiben. Die römisch-katholische Welt, zu sehr noch auf alte Autoritäten fixiert, war erregt. Sie fürchtete einen Aufstand der Reaktionäre, der unter ex-päpstlicher Führung zu einer Kirchenspaltung führen könnte. Weiterlesen
Auferstanden aus Ruinen? Ein schwerer Weg für die Gemeinden
I. Die aktuelle Situation
Laut KNA nimmt Kardinal Reinhard Marx am 22. März 2019 in der Münchner Bürgersaalkirche zur aktuellen Lage der Kirche Stellung und man hört Erstaunliches. Er fordert von der römisch-katholischen Kirche, Traditionen auch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Manche Tradition könne sich weiterentwickeln, erklärt er, und wir dürften keine Angst haben. Meint er das wirklich ernst und was genau will er damit sagen? Natürlich kann man Traditionen auf den Prüfstand stellen und überall auf der Welt entstehen neue. Allerdings möchten wir gerne genauer hören, an welche Traditionen er als römisch-katholischer Kirchenfürst denkt. Engagierte Katholik/innen haben da schon eher Traditionen im Kopf, die schlicht abzuschaffen sind, die aus römischer Perspektive aber auf ewige Zeiten zu bestehen haben. Dazu äußert sich der Kardinal nicht. Weiterlesen
Vom Ungeist theologischer Rechthaberei
Schon am Tag seines Erscheinens erfuhr der Beitrag des Altpapstes so viel empörten Widerspruch, dass sich eine weitere Reaktion zu Inhalt und Qualität kaum lohnt. Statt sich zu ärgern, könnte man sich stellvertretend auch schämen über den Zerfall eines Geistes, der uns in den besten Jahren wenigstens noch in Atem hielt, denn sein Konservatismus und seine Intransigenz hatten noch einiges Niveau. Weiterlesen
Ende der Schweigespirale
Wer physische Gewalt gegen einen Bischof anwendet, zieht sich die Strafe des Interdikts als Tatstrafe zu. Ihm ist es untersagt, Sakramente oder Sakramentalien zu spenden und Sakramente zu empfangen (Can 1370 i.V.m. 1331)
Wegen Missbrauchs muss der erste Kardinal ins Gefängnis; vor 20 Jahren hätte man es noch nicht gewagt, so gegen einen Kardinal vorzugehen. Jetzt geht meine Phantasie ihren eigenen Gang: Wie viele seiner Kollegen müssten ihm Gefolgschaft leisten, wenn ihre Verbrechen bekannt, öffentlich untersucht und geahndet würden? Weiterlesen
Missbrauch der Macht – DNA der Kirche? Eine aktuelle Standortbestimmung
Ein Beitrag zur schweren Krise der römisch-katholischen Kirche. Wie tief steckt sie in der Falle? Warum fällt ihr eine innere Erneuerung so schwer? Viele Faktoren wirken zusammen und es ist nahezu unmöglich, den Beginn des unheilvollen Fadens aufzuspüren. Weiterlesen
Das niederländische Amtspapier „Kerk en ambt“ – Einige Notizen
Im September 2007 veröffentlichten die nierderländischen Dominikaner das Dokument „Kirche und Amt“ (Kerk en ambt), das viel Aufsehen erregte und von Rom und den Bischöfen umgehend niedergeschlagen wurde (vgl. Offener Brief an Hervé Legrand). Weiterlesen
Zwei Texte aus der Zeitschrift CONCILIUM zum Ordinationsverbot von Frauen[1]
Im Juni 1999 veröffentlichten Elisabeth Schüssler Fiorenza und Hermann Häring in der Zeitschrift CONCILIUM eine Themennummer zur Frage der Frauenordination („Die Weigerung, Frauen zu ordinieren“, 35[1999], Nr.3). Die von Häring verfassten Beiträge werden hier dokumentiert. Zwar spiegeln die vorgetragenen Artumente den Diskussionsstand vom Herbst 1998, dennoch wirken sie auffallend aktuell; die katholische Kirche hat sich noch immer nicht bewegt. Weiterlesen